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AutorenbildAntje Moecke

Alaska-Seattle Roadtrip

Aktualisiert: 4. März 2019



Roadtrip Anchorage- Seattle Sommer 2017

24.o6. Anchorage

Von alleinreisenden Damen,Rosalee und kleinen Anfangsschwierigkeiten

Wir hatten das ja alles ursprünglich mal ganz anders geplant. So mit jeder Menge männlicher Begleitung, mit technischem Verständnis , menpower, na ihr wisst schon…doch es kam anders.

Jetzt stehen wir hier in Anchorage/Alaska - zwei Ladies um die 50, zugegebenermaßen nicht ganz reiseunerfahren aber doch ein wenig Respekt vor den Herausforderungen der nächsten Wochen und jeder Menge Abenteuerlust.

Direkt vom Flughafen Anchorage geht es per Taxi zu „Go North“ , unserem Wohnmobilvermieter.

Ein netter Schweizer erledigt zügig mit uns die Formalitäten und stellt uns dann unsere neue Reisegefährtin „Rosalee“ vor. Rosalee ist ein dunkelgrauer Ford Superduty Pickup-Camper mit schlappen 350 PS und einem satten 6-Zylinder-Sound. Wow, was für ein Fahrzeug ! Die Kühlerhaube geht bis zu meiner Nasenspitze und da wir technisch wenig vorbelastet sind haben wir die „Gold-Variante“ gebucht, also nagelneues Fahrzeug in erstklassigem Zustand.

Rosalee hat gerade mal 4000 Meilen auf dem Buckel. Sie verfügt über zuschaltbaren Allrad-Antrieb und einen extra Geländegang der einen wieder aus dem tiefsten Schlamm ziehen kann. Wir sind beeindruckt.

„Wollen Sie in den Norden?“ Das fragt uns dieser Schweizer wie in einem kleinen unbedeutenden Nebensatz, eine kleine Zusatzfrage, ohne Betonung, ohne einen mahnenden Fingerzeig, gerade so wichtig als wollte er fragen: „ Möchten Sie ein zweites Kopfkissen oder eine zusätzliche Decke“.

Diese Frage, die Frage aller Fragen, hat uns wochenlang beschäftigt. Wochenlang gegoogelt, recherchiert, Reiseberichte fremder Leute über den Dalton Highway gelesen und Gänsehaut bekommen. Schaffen wir das, wie sind die Straßenverhältnisse, übernehmen wir uns da nicht etwas , werden wir kläglich scheitern ? „ Ja, wir wollen in den Norden!“

Er taxiert uns kurz aber irgendwie scheint er es uns zuzutrauen und fängt ausschweifend an uns zu erklären was wir tun müssen wenn wir ein Rad wechseln müssen. Spätestens bei der Erwähnung irgendwelcher langer Stangen die irgendwo im Camper liegen und die zur Stabilisation des Fahrzeuges notwendig sind damit es nicht zur Seite kippt und umfällt während das Rad gewechselt wird , bin ich mental raus. Ein zaghaftes „ooh..“ und ein übergroßes Fragezeichen macht sich auf unseren Gesichtern breit. Er lächelt, überlegt eine Sekunde und sagt „ Oder machen Sie die Motorhaube auf und stellen sich an die Straße bis ein LKW hält“. Ich mag pragmatische Menschen.

Rosalee hat über der Fahrerkabine im Alkoven ein großes Doppelbett mit Schränken. Des weiteren eine Toilette mit Dusche, eine kleine Küchenzeile mit Gasherd und Backofen und eine Sitzecke mit Tisch und zwei Bänken. Unser neues Zuhause für die nächsten 3 Wochen. Ob wir uns wohl verstehen werden ? Wir klopfen ihr wohlwollend auf das Armaturenbrett, wünschen uns allen eine wirklich geile Tour und rollen noch etwas unsicher vom Hof.


Himmel ist das aufregend so ein großes Auto zu fahren !

Den angegebenen Supermarkt für unseren ersten Großeinkauf finden wir nicht und machen uns Richtung downtown Anchorage auf wo auch irgendwo der ausgesuchte Campground sein soll. Wir dürfen heute das Stadtgebiet von Anchorage noch nicht verlassen da wir mit einem Langstreckenflug aus Deutschland angekommen sind.

Leider bekommen wir auch keinen Dreh zum heruntergeladenen Garmin-Navigationssystem auf unserem Ipad und irren etwas planlos durch die Straßen Anchorages. Wir finden einen Supermarkt an einer der großen Ausfallstraßen Richtung Fairbanks und decken uns erst einmal mit allem ein was man/frau so in den nächsten Wochen brauchen kann. Im angrenzenden Liquor-Store bekomme ich aber kein Bier und keinen Wein da nicht eindeutig bewiesen ist dass ich die 21 Jahre bereits überschritten habe. „ Your ID please“…

Unsere Suche nach dem Campground geht in die zweite Runde. Aber die , wie auch die 3. und 4.Runde geht leider nicht an uns. Unser Navi funktioniert immer noch nicht und langsam macht sich bei uns neben einer großen Müdigkeit auch eine gewisse Ratlosigkeit breit. Wir finden diese blöde Brücke über den Creek nicht und haben keine Ahnung , wohin jetzt ?

Irgendwann fahre ich ziemlich genervt rechts ran und wir überlegen was wir jetzt tun können. Alternativer Campground ? Woher sollen wir wissen welche Campgrounds es noch gibt und wo sie liegen ? Da kommt mir ein Geistesblitz. Die Milepost ! Dieser Almanch des Nordens, dieser dicke Schinken, in dem jede Meile der nördlichen Highways minutiös beschrieben ist. Wir haben ihn im Gepäck ! Er ist unsere Rettung.

Hier finden wir auf Anhieb a.) einen Stadtplan von Anchorage und können sofort lokalisieren wo genau wir sind b.) weitere Campgrounds im Stadtgebiet von Anchorage mit Straßenangaben. Wir entscheiden uns, angesichts der bereits fortgeschrittenen Uhrzeit ( es ist bereits ½ 10 h abends und immer noch taghell ) den nächsten Campground anzufahren der direkt am großen Highway liegt. Jetzt ist alles egal. Ohne große Probleme finden wir den Highway und bereits nach wenigen hundert Meter prankt das große Schild „Creekwood Inn RV Park“ vor uns. Geschafft !

Ziemlich souverän parken wir unseren Camper rückwärts ein, trinken ein erstes Dosenbier und fallen totmüde ins Bett. Ersten Tag überlebt !

Heute bereits gelernt : überprüfe Dein elektronisches Equipment unter realen Bedingungen und verlasse dich nicht auf Deinen Ehemann der sagt es funktioniert alles. Du musst damit alleine umgehen können.



25.06. Achorage – Alyeska- Seward

Von intoleranten Menschen, James Cook und dem ersten Gletscher

Unsere erste, recht unruhige Nacht in Alaska verbringen wir also im „Creekwood Inn RV Park“ direkt neben einer der großen Ausfallstraßen von Anchorage.

Von Wildnis, Ruhe und Einsamkeit weit und breit noch nichts zu sehen ( Herausforderungen ja ). Das ist hoffentlich noch ausbaufähig….

Durch den Jetlag sind wir ziemlich früh wach am nächsten Morgen und kämpfen erst einmal mit dem Sicherheitscode der Duschräume.

Frisch geduscht und langsam wach verlasse ich die Dusche und mache mich auf den Rückweg zu unserem Camper. Dabei komme ich an 3 älteren Herrschaften vorbei die es sich nahe dem Duschhaus bereits um diese frühe Stunde auf ihren Campingstühlen bequem gemacht haben und ein wenig smalltalk betreiben.

„ She´s the man“ zischt der ältere Herr im Unterhemd und Shorts den beiden Damen zu als ich an den dreien vorbei gehe. Morgens brauche ich ein wenig um manche Zusammenhänge zu begreifen. Wen meinen die ? Ich schaue mich um. Bin alleine unterwegs, sonst keiner zu sehen. Was ? Sie meinen wir sind ein lesbisches Paar und ich bin der männliche Teil ?

Im ersten Moment dieses Begreifens halte ich die Luft an und bin kurz davor auf dem Absatz kehrt zu machen und die Sache aufzuklären. Zwei Sekunden später schüttele ich den Kopf und gehe grinsend weiter. Sollen sie doch denken was sie wollen ! Diese bornierten, weltfremden, spießigen Menschen scheint es überall auf der Welt zu geben. Ich muss mich für gar nichts rechtfertigen . Dann haben sie heute früh wenigstens ein Gesprächsthema.

Zum Frühstück gibt es fürstliche Spiegeleier mit Speck und gebratenen Tomaten zu diesem wabbeligen, weichen, nach nichts schmeckenden Toastbrot. Trotzdem sehr lecker.

Gegen o9.oo h sind wir on the road. Jetzt startet unser Roadtrip !

Ganz oldschool, mit Kartenlesen, sich vorher die grobe Richtung auf der Karte anschauen und die größeren Ortschaften, die wohl ausgeschildert sind. Das kann ich noch, alter Pfadfinder halt.

Bei strahlend blauem Himmel verlassen wir Anchorage in südlicher Richtung und fahren entlang des Turnagain-Arm auf die Kenai Halbinsel.

Der Turnagain-Arm hat seinen Namen von seinem Entdecker James Cook der einst auf der Suche nach der Nordwest-Passage entlang der nördlichen Pazifikküste wieder einmal in einen großen, vielversprechenden Meeresarm hineinsegelte und nach vielen weiteren Seemeilen und unzähligen Biegungen feststellen musste dass es kein Durchkommen durch diese unzähligen Gletscher und Berge hier gab. Wieder einmal umdrehen und unverrichteter Dinge zurück. „Turn again“ hat Mr. Cook da wohl gesagt und zack hatte der Meeresarm seinen Namen weg.

Umgeben von schneebedeckten Bergen die sich stolz in den azurblauen Himmel recken folgen wir der Straße um immer neue Windungen und hinter jeder Biegung folgt ein weiterer atemberaubender Blick auf diese einmalige Bucht. Morgens um 1o.oo h hat uns das Alaska-Fieber bereits gepackt. Was für eine einmalige Landschaft ! Was für ein Wetter ! Was für ein erster Tag in Alaska!


Wir machen am Beluga-Point einen Stopp und sehen unseren ersten gelben Zug der Alaska Railroad.

Dann biegen wir nach links ab zum einzigen Skiresort Alaskas , nach Alyeska. Wir fahren mit der Gondel den Berg hoch und genießen einen atemberaubenden Blick auf den Turnagain-Arm und die Bergriesen um uns herum. Hier kann man im Winter tatsächlich mit Meerblick Ski laufen. Die Größe des Skigebiets und die Anzahl der Pisten wird allerdings einen mitteleuropäischen, alpenverwöhnten Skifahrer kaum zufrieden stellen. Immerhin gibt es auch einen Trail den Berg hoch und Sonntag morgens kommen hier eine ganze Menge Leute nass geschwitzt den Berg hinauf. Wochenend-Sport, Respekt ! Und das Ganze noch vor dem Frühstück bei herrlichen 25 Grad.

Weiter geht es gegen Mittag Richtung Portage-Gletscher wo wir eine kleine Bootstour unternehmen wollen. Mit Glück bekommen wir noch zwei Karten für die Tour um 15.oo h. Die Touren vorher sind wegen der vielen Kreuzfahrtgäste bereits ausgebucht.

Wir nutzen die Zeit für ein kleines Mittagspäuschen, schließlich haben wir Verpflegung und Betten immer dabei. Diese fiesen, kleinen, unvorhersehbaren Müdigkeitsanfälle wegen der Zeitumstellung, wenn man tonnenschwere Augenlider bekommt, nicht mehr richtig denken kann und ein kleines Vermögen für ein Bett und einen tiefen, stundenlangen Schlaf ausgeben möchte. Ja, sie gehen vorbei, meistens ist nach einer halben Stunde alles wieder in Ordnung aber es nervt.


Gegen 15.oo h gehen wir zusammen mit vielen weiteren, internationalen Passagieren an Bord der MS Ptarmigan , was soviel wie Schneehuhn heißt.

Hätte es da nicht etwas Phantasievolleres gegeben für ein Schiffchen was eine Gletscher-Tour macht ? Die MS Schneehuhn schippert also mit uns über diesen recht kleinen Gebirgssee, umringt von hohen, teils schneebedeckten Bergen, Felswänden mit kleinen Wasserfällen und dem ein oder anderen Treibeisfeld. Dann gibt sie den Blick auf den Portage-Gletscher frei, der sich am hinteren Ende des Sees würdevoll ins Wasser ergießt. Ganz genau erkennt man die Abbruch-Kante und die Dicke dieses Eisteppichs der da immer weiter ins Wasser gleitet. 30 Meter Schnee sind notwendig um einen Meter dickes Gletschereis zu erschaffen. Da kann man sich auch als Nichtmathematiker ungefähr errechnen wie viel es im Winter hier schneien muss und wie lange es dauert bis ein Gletscher dieser Ausmaße entsteht. Und der Portage-Gletscher ist noch einer der kleineren Gletscher, er ist „nur“ noch 10 km lang. Jetzt im Sommer ist der Gletscher teilweise schwarz an der Oberfläche von den Steinen, die er vom Gletscherrand aufnimmt und mit sich führt und im Laufe der vielen zurückgelegten Kilometer an die Oberfläche transportiert. Zum Teil leuchtet er intensiv hellblau wenn sich die Sonne im dicken Eis bricht.

Sind wir vorhin noch im T-Shirt am Rande des Portage-Lake spaziert tragen wir mittlerweile alles was wir dabei haben in Schichten übereinander. Hatte ich Handschuhe im Gepäck ? Und wenn ja, warum habe ich sie nicht mitgenommen ? Der Wind kommt direkt vom Gletscher herunter und hat auch dessen Temperatur.

Aber der Himmel ist blau und das Farbenspiel lenkt uns von der Kälte ab. Irgendwann geht es dann zurück zur Anlegestelle, die Busse der Kreuzfahrt-Gesellschaften stehen schon bereit und nehmen ihre Gäste , vorrangig Amerikaner höheren Alters und Japaner , wieder auf.



Nur unsere Rosalee, unser Pick-up Camper, steht noch einsam und verlassen auf dem Parkplatz. Nein, wir sind keine Kreuzfahrttouristen, die sich Tage im voraus entscheiden müssen an welchem überteuerten Massen-Ausflug sie denn am Tag X teilnehmen möchten.

Eine tiefdunkle Wolkenwand hat sich mittlerweile über uns aufgebaut und wir werden wohl im Regen weiter fahren müssen. Aber bis nach Seward, unserem heutigen Ziel, sind es noch mindestens zwei Stunden und wir sind guter Dinge. Wenn man sich in Alaska auf etwas verlassen könnte wäre das Wetter, habe ich gehört. Es wechselt immer und überall und in kürzester Zeit. Es ist absolut nicht vorhersagbar und deshalb solle man auf Wettervorhersagen nicht allzu viel geben.

Durch den ein oder anderen Regenschauer geht es abends gegen 6 durch recht gebirgige Landschaften weiter Richtung Süden auf der Kenai-Halbinsel.

Im Tal von Seward angekommen reist die Wolkendecke auf und die Sonne kommt wieder hervor.

Dass es bereits abends gegen 8 ist verwundert uns etwas. Irgendwie scheinen die Tage hier länger zu sein als bei uns. Es ist gar nicht wichtig abends um 18 Uhr an seinem Etappenziel anzukommen. Es macht rein gar nichts wenn es erst 20 Uhr oder noch später ist. Man hat eh noch genug Zeit bis es dunkel wird.

Zuerst parken wir mit Firstclass Aussicht auf diese spektakuläre Bucht mitten auf der Mole zwischen Hafen und Pazifik und beglückwünschen uns zu diesem kostenlosen Logenplatz für die Nacht. Dann entdecken wir beim ersten Rundgang allerdings die Schilder „no overnight parking“ und parken unseren Camper noch einmal um auf den benachbarten Harborside Campground direkt am Ufer.

Werfen $20,- in den Parkautomaten und ziehen unser Parkticket.


Keine Duschen, kein Strom, kein Wasser, kein WLAN aber direkt an der Bay.

Ein kleiner Bummel durch dieses süße Nest muss aber noch sein. Wir schlendern entlang des Hafens auf einer kleinen Holzpier. Hier liegt einer dieser großen Kreuzfahrer der Holland America Line der wöchentlich die Strecke Vancouver- Anchorage fährt und hunderte kleinerer Boote zum Hochseefischen oder für Whale-Watching Touren.

„Caught in Seward“ steht über einer großen Fischwaage am Pier. Hier kann man sich dann mit seinem Fang in Pose werfen und ablichten lassen bevor der Bootsführer fachgerecht den Fisch ausnimmt und in der persönlichen Eiskiste verstaut die man dann mit nach Hause nehmen kann.

Wir gehen in einem zweitklassigen Restaurant unsere ersten zweitklassigen Burger essen und fallen totmüde ins Bett.

Heute gelernt: Es geht ganz gut ohne GPS, man setzt sich irgendwie mehr mit der Gegend auseinander durch die man fährt.



26.06. Seward- Exit Glacier- Palmer

Von manchen Anstrengungen und kaputten Tassen

Der Wecker rappelt um o7.oo morgens. Mangels öffentlicher Duschen notdürftige Katzenwäsche und Schnelldusche (immerhin mit warmem Wasser) in Rosalees Badezimmer.

Leider ist das Wetter nicht besonders, die Regenwolken hängen tief und dichte Nebelschwaden verhindern den Blick auf diese schöne Bucht. Schnelles Frühstück und zügige Abfahrt gegen 8 Uhr. Wir wollen zum Ranger-Hike am Exit-Glacier. Der startet um Punkt 9.00 Uhr und wir sollen eine halbe Stunde vorher am Visitor-Center sein hieß es auf der homepage des Nationalparks.

Am Visitor-Center des Exit-Glaciers ist schon jede Menge los. Zahlreiche Gruppen finden sich hier bereits morgens um ½ 9 ein und wir fragen uns bei den einzelnen Rangern durch bis wir unsere „Gruppe“ identifiziert haben. Während alle andere Gruppen aus sportlich aktiven Endsechzigern bestehen ist unsere Gruppe altersmäßig bunt gemischt mit erstaunlich vielen jungen Leuten aus aller Herren Ländern.

Los geht´s bei leichtem Nieselregen immer den Berg hinauf. Der Pfad ist eng und zugewachsen, steinig und steil. Nach 20 Minuten gibt es eine erste kleine verordnete Verschnaufpause. Jacken aus ! Manche laufen von nun an im T-Shirt den Berg hinauf. Ich beneide sie ein wenig. Und warum haben wir unser „Off“ , die ultimative Antimücken-Chemiewaffe im Camper gelassen ? Völlig falsches Equipment…

Wir quälen uns den Berg hinauf, mal kleiner verträumter Wildpfad durch mannshohe Farne, mal spektakuläre Ausblicke auf das langsam entschwindende Tal unter uns, über uns immer noch die bleierne schwere Wolkendecke. Wilde Lupinen wachsen hier. Mir ist heiß und ich bin bereits klatschnaß geschwitzt. Kann nicht viel ausziehen sonst fallen die Mücken über mich her. Mücken lieben mich, überall auf der Welt. Weiter geht es den Berg hoch. Der Weg wird immer steiler und steiniger. Dann die ersten Blicke auf den Gletscher, noch etwas versteckt zwischen dem vielen Grün des dichten Waldes . Er wälzt sich neben uns ins Tal hinab.

Nach 2 Stunden sind wir oben. Endlich. Hier oben ist es kalt, ein eisiger Wind fegt über den Berg und ich bin zu nassgeschwitzt um eine lange Rast zu machen. Leider hat das Wetter immer noch nicht aufgeklart und der Gletscher verläuft sich oberhalb von uns in den tiefhängenden dunklen Regenwolken. Wir sind trotzdem stolz auf uns. Fitness-Programm für heute auf jeden Fall erledigt. Eine weitere Stunde benötigen wir für den Weg zurück.



Unterwegs überholen uns im rasenden Tempo zwei Freaks mit großen Rucksäcken und Skiern auf dem Rücken. Kommen vom Harding Icefield und waren dort ein paar Tage unterwegs… WTF… und wir waren gerade noch stolz dass wir diesen Hike gemacht haben. Was für arme kleine Touri-Lichter sind wir doch.

Gegen 1/2 1 sind wir wieder am Camper und schälen uns aus den verschwitzten Sachen. Dafür gibt es ein ordentliches Sandwich und ein paar Nüsse zur Energiegewinnung.

Gegen 1 machen wir uns auf zurück Richtung Anchorage.

Doch das Wetter meint es heute nicht gut mit uns. Es regnet immer mal wieder und die Wolken hängen tief. Auch der Turnagain-Arm hat nicht diese Faszination vom Vortag. Wie gut dass wir ihn gestern schon so genießen durften.

Die Straßenverhältnisse auf der Kenai-Halbinsel sind einwandfrei und es herrscht viel Verkehr. Viele Alaskaner ( oder Alasker oder Alaskanienser..) sind mit PKW-Anhängern unterwegs auf denen sie ihre kleinen Schiffchen transportieren. Offensichtlich hat man sein kleines Boot zu Hause im Schuppen und fährt es am sonnigen Wochenende zum Platz seiner Wahl, so wie man das bei uns vielleicht mit Fahrrädern macht. Klingt sehr einleuchtend.

Kurz vor Anchorage biegen wir Richtung Palmer ab und finden dort einen netten großen Campground, den Matanuska River RV Park. Es gibt heiße Duschen und jede Menge Mücken .

Zumindest mit der Milepost haben wir uns ganz gut arrangiert. Vor 10 Jahren war auch noch kein Mensch mit Navi unterwegs und die Leute sind trotzdem überall angekommen.

Schicken unseren Familien eine steinzeitliche SMS damit sie wissen dass ihre Frauen noch leben.

Anschluß des Wasserschlauches und des Stromkabels klappt einwandfrei.

Heute gelernt :

Wechsel-Kleidung und OFF zum wandern mitnehmen.

Schrank-Türen im Camper richtig schließen bevor man los fährt – Verlust heute 1 Glas, 2 Tassen


27.o6. Palmer- Hatcher Pass- Talkeetna

Von gesperrten Straßen, alten Goldgräberstädtchen und Kölsch

Heute morgen völlig unauffällig unseren Stellplatznachbarn beim Entleeren seines Abwassertanks an der Dumping-Station des Campingplatzes beobachtet. Wie er sein dickes Wohnmobil routiniert über dem unterirdischen Abwassertank platziert, dann den Abwasserschlauch am Fahrzeug anschließt , das andere Ende des Schlauches in das Loch im Boden platziert und die Ventile öffnet. Ist alles abgelassen schraubt er seinen Abwasserschlauch wieder vom Fahrzeug ab und spült mit Leitungswasser aus dem Wasserschlauch nach. Dann wird alles wieder verpackt und weg ist er. Es geht doch nichts über ein fundiertes Abgucken. Machen das ganz souverän nach und haben jetzt das Gefühl für unseren Wohnmobil-Alltag komplett gerüstet zu sein.

Gegen 10 geht es los Richtung Hatcher Pass. Mit ein wenig Suchen finden wir auch den Abzweig auf die Hatcherpassroad und verlassen nun zum ersten Mal die vielbefahrenen Straßen Alaskas. Das Sträßchen windet sich durch grüne Hügellandschaften, vorbei an wilden Bächen und wir klimmen immer höher. Rosalee fährt sich super in den engen Kurven.

Zum ersten Mal denke ich in dieser einsamen Landschaft, wo heute morgen aber auch gar niemand außer uns unterwegs ist „ das ist also Alaska“ . Wir halten fleißig Ausschau nach Wildtieren und scannen die grünen Wiesen der umliegenden Berge, entdecken aber leider nichts.

Dann oben in den Bergen, an der alten Goldmine die böse Überraschung : „closed“ . Steht da ein großes Schild auf der Hatcherpassroad. Wir sind zutiefst enttäuscht. Ich hatte zwar vorher gelesen dass die Hatcherpassroad um den 1.Juli herum erst öffnet aber aufgrund der guten Wetterlage und des 27.o6. war ich davon ausgegangen dass sie schon geöffnet ist. Ja, wir hätten fragen können. Andererseits wären wir dann auch hier nicht hochgefahren und hätten tatsächlich eine sehr schöne Gegend verpasst. Jetzt besichtigen wir erst einmal die verlassene Goldmine die hier 1 km entfernt in den Bergen liegt. Wir lassen unseren Camper auf dem großen Parkplatz stehen und gehen zu Fuß.

Warum liegt das Bärenspray sicher verstaut im Handschuhfach ?

Fragen auf die es keine Antwort gibt.

Aber die Landschaft ist übersichtlich, nur hochalpine Wiesen und die Sicht ist gut. Dass uns hier ein Bär überrascht ohne dass wir ihn lange im voraus sehen ist eher unwahrscheinlich.

Die Goldmine, die Independent Goldmine, ist in den 1950 er Jahren aufgegeben worden weil sie nicht mehr wirtschaftlich war. Seit 1890 lebten hier ganze Familien , sommers wie winters mit Schule, Wohnhäusern und Gemeinschaftsküchen. Das muss ein sehr hartes Leben gewesen sein damals hier oben.


Von hier oben hat man einen weiten Blick durch die Berge auf die Ebene Richtung Anchorage und wir malen uns aus wie aufwendig jedes Lebensmittel, jedes Möbelstück , Baumaterial für die Häuser, jedes Fass Whiskey und jeder Kochtopf mit Pferden oder Ochsenkarren den Berg hinauf geschafft worden sein muss. Hier muss es viel Gold gegeben haben, sonst hätte man dieses Leben wohl kaum auf sich genommen. Vor allem im Winter bei – 40 Grad.

Der Eingang zum Stollen mit seiner Gleiskonstruktion zum Abtransport der Gesteinsmengen ist zusammengestürzt und wir sehen nur noch einen wilden Berg aus alten Balken und Geröll am Berghang liegen. Die Häuser sind noch intakt und seit die Mine in den 1990 er Jahren zum Heritage Site , also schützenswertes Nationaldenkmal deklariert wurde kümmert sich der Nationalpark-Service um dessen Erhaltung.


Auf unserem Rückweg zum Camper kommen wir an einer alten Badewanne vorbei die einfach so in der Gegend herum steht, mindestens einen Kilometer von der alten Goldgräber-Siedlung entfernt. Wer sie hier wohl hingeschleppt und dann den Enthusiasmus verloren hat ? Vielleicht war sie bei der Auflösung der Mine auf einem Wagen befestigt und der Wagen war zu schwer beladen und hatte einen Unfall und man hat sie hier zurück gelassen weil sie zu schwer war ? Oder stand hier gar mal eine Hütte, ein Wohnhaus eines exzentrischen Goldgräbers und er hatte sie sich extra vom Schiff aus hier hoch bringen lassen. Jetzt ist das Haus zerfallen und von Wind und Sturm davon getragen, nur die Badewanne trotzte den Elementen ? Sehr spannende Geschichte.

Wir fahren also zurück Richtung Palmer und nehmen dann den Abzweig Richtung Denali und Talkeetna.

Talkeetna liegt ungefähr 80 km südlich vom Denali Nationalpark und gilt als Basis für sämtliche Expeditionen und Bergtouren Richtung Mount Mc Kinnley. Ein kleines buntes Örtchen mit ebenfalls buntem Publikum. Vom älteren Kreuzfahrttouristen über Aussteiger, Weltenbummler, kernigem Naturfreak, heruntergekommenen Weltverbesserer, Künstlern und Leuten wie uns findet sich hier alles und am Spätnachmittag sind die Cafes und Bars entlang der winzigen Hauptstraße schon gut gefüllt.

Wir ergattern den letzten freien Stellplatz auf dem Talkeetna RV Park und machen uns zu Fuß ins Städtchen und zu Talkeetna Air Taxi auf wo wir für morgen früh einen Rundflug gebucht haben.

Leider ist das Wetter ziemlich schlecht und es nieselt leicht. Ob wir morgen früh wohl fliegen können ? Die Aussichten sind sehr durchwachsen.

Bei Talkeetna Air Taxi angekommen raubt uns die nette Dame an der Rezeption ein wenig die Illusion. Sie könne noch nichts sagen, wir sollten morgen früh um o8.00 h kommen, dann werde man sehen.

Gehen in Talkeetna noch ein Bier in der Denali Brewery trinken (dort steht tatsächlich “Kölsch“ auf der Getränkekarte. „ Kolsch is a hybrid style of beer…. This unique process results in an array of flavors and aromas including appel and pear“ Äpfel und Birnen ? Nein, es schmeckt nicht wie Kölsch zu Hause.

Die Denali Brewery ist eine dieser hippen Bars. Zusammen mit anderen hippen, weltoffenen und global denkenden Menschen verköstigen wir Bier aus der ganzen Welt. Viele hier scheinen auf der Suche nach irgendetwas in ihrem persönlichen Leben zu sein - Abenteuer, Erleuchtung, Weisheit, Erfüllung ? Wer weiß das schon. Vielleicht findet es der ein oder andere hier in Alaska.

Abends gibt es Nudeln mit Bolognese-Soße und unseren ersten Caesar´s Salad aus der eigenen Bordküche und das erste Mal nennenswerten Kontakt zur Außenwelt mit ganz gutem WLAN vom Campground. Muss ja auch mal sein.

Heute gelernt:

Wie die Heizung in unserem Camper funktioniert

Erkundige Dich vorher ob bestimmte Straßen offen sind bevor Du los fährst



28.o6. Talkeetna – Denali

Von Sauerstoffmasken, Gletschern und ganz viel Adrenalin

Ich wache morgens um kurz nach 6 vom prasselnden Regen auf unser Camperdach auf. Und mein erster Gedanke ist „ das sieht nicht gut aus mit unserem Rundflug“. Dennoch stehen wir auf und verschlingen ein kurzes, frühes Frühstück bevor wir uns zu Talkeetna Air Taxi aufmachen.

Gegen o8.00 h werden wir dort wieder vorstellig.

Wir werden freundlich begrüßt, gewogen und aufgeklärt.


Es ist der erste Flug an diesem Tag und sie hätten noch keinerlei Rückmeldung von anderen Piloten über das Wetter und die Gegebenheiten rund um den Mount Mc. Kinnley heute morgen. Dass wir den Mount Mc Kinnley sehen und er nicht in einer dicken Wolkenbank versinkt wäre zwar wahrscheinlich könne aber nicht garantiert werden. Genau so sähe es mit der geplanten Gletscherlandung aus, eher unwahrscheinlich aber wir bekämen den Differenz-Betrag (der die Gletscherlandung mehr kostet als ein normaler Flug) auf jeden Fall zurück wenn die Gletscherlandung nicht möglich wäre. Hm, das sieht ja nicht so gut aus. Nach kurzer Überlegung entscheiden wir uns, da wir eh schon einmal hier sind, das Risiko einzugehen und willigen ein.

Mittlerweile hat es zumindest einmal aufgehört zu regnen. Die ein oder andere kleine Maschine der Konkurrenz-Unternehmen verlässt den Hangar und rollt auf die Startbahn. Dann sind wir endlich dran.

Jeff unser Pilot sitzt lässig auf der Passagiertreppe und erklärt uns das Wichtigste - Notausgänge , Sauerstoffmasken.. halt das Übliche wie in jedem anderen Flugzeug dieser Welt auch, nur irgendwie anders, direkter. Dann werde ich hellhörig. Im hinteren Teil der Maschine befinden sich Schlafsäcke, Schneeschuhe und Verpflegung für Notsituationen . Was für Notsituationen ? Ich möchte doch nur einen kleinen lustigen Rundflug um einen schneebedeckten Berg mit Gletschern machen ! Meine Fantasie schlägt gerade Kapriolen und ich mahne mich zur Ruhe. Stay cool !!

Neben den Rädern am Bug und unter dem Flieger sind Kufen montiert, richtig breite und lange Skier für die Landung im Schnee.

Mit uns fliegt noch eine Familie mit zwei jüngeren Kindern , wir sind also zu 6. plus Pilot.

Dann von ihm eine überraschende Frage : „The seat of the copilot is available. Is there anybody who wants to sit there ?“ Es entsteht eine kleine Pause und mir schießen ein paar Gedanken durch den Kopf. Bevor ich diese zu Ende gedacht habe formt mein Mund schon ein vorschnelles „ Me !“ und bin damit erste und einzige Bewerberin auf diesen Platz. Die Enttäuschung ist den anderen ins Gesicht geschrieben und als wir unsere Plätze einnehmen bin ich mir nicht mehr ganz sicher ob da der Mund nicht wieder schneller war als mein Hirn.

Wir sind in einer fliegenden Blechbüchse unterwegs, ein wackeliger Stuhl, rechts neben mir direkt die Tür, vor mir ein etwas altertümliches Instrumentenboard und unsere Flugroute aufgemalt. Immerhin richtige Anschnallgurte und nicht nur ein simpler Bauchgurt. Wir bekommen Kopfhörer auf wegen der Lautstärke des Motors und schon schmeisst Jeff die alte Lady an und wir rollen auf das Rollfeld.

Er gibt ordentlich Gas und bereits nach gefühlten 100 Metern erheben wir uns in die Lüfte. So schnell war ich wohl noch nie in der Luft, aber vielleicht können gerade auch nur solche Flugzeuge auf Gletschern starten und landen. Die nur so kurzen Anlauf brauchen. Kilometerlange Start- und Landebahnen sind in Alaska wohl eher nicht Standard.

Schon sind wir weit über dem normalen Geschehen und der Regen klatscht auf die kleinen Frontscheiben unserer Maschine. Wir überfliegen den breiten Susitna River und nehmen Kurs auf die schneebedeckten Berge im Norden die man zwischen den dicken Regenwolken erahnen kann. Dabei schrauben wir uns immer höher und irgendwann stoßen wir durch die Wolkendecke und am Horizont erscheint ein einziger weißer, schneebedeckter Gipfel im Sonnenschein. Ich stoße wohl einen kleinen verzückten Schrei aus denn Jeff dreht sich zu mir , zeigt mit dem Finger auf diesen Gipfel und lächelt. Da ist er , der Mount Mc Kinnley, oder wie die Einheimischen sagen, der Denali.


Zwar noch ganz klein und in weiter Entfernung, aber wir sehen ihn. Dann haben wir diesen Flug wenigstens schon einmal nicht umsonst gemacht, denke ich.

Wir nähern uns schnell und die Wolkendecke bekommt erste Risse. Ab und zu sehen wir Gletscherfelder unter uns, verschneite Täler und Gipfel. Wie fette weißschwarze Schlangen winden sie sich träge zwischen den Gipfeln der schneebedeckten Berge durch und verlieren sich wieder in den Wolken. Dann sind wir auf einmal mitten über der gesamten Gebirgskette der Alaska-Range und sehen sehr anschaulich wie diese Gebirgskette über hunderte von Kilometern die Wolken aufhält die vom Pazifik angetrieben werden. Hinter der Alaska-Range ist keine einzige Wolke zu sehen, die Region ist trocken und braun und sieht selbst aus dem Flugzeug unwirtlich und unfruchtbar aus. Eine natürliche Barriere die sich quer durchs ganze Land zieht und mitten darin thront gar ein wenig königlich der Mount Mc Kinnely mit seiner Doppelspitze. Kein Berg kommt auch nur annähernd an seine Höhe heran. Majestätisch liegt er da zwischen den kleinen anderen Spitzen der Alaska-Range und schiebt seinen Gipfel weit über die Wolkendecke. Kein Wunder haben die Ureinwohner ihm den Namen „ Denali - Der Große“ gegeben. Er beherrscht die ganze Landschaft hier in der Region.



Bin völlig ekstatisch, Phasen des wilden Fotographierens mit Handy, Ipad und Kamera abwechselnd und genussvollem konzentrierten visuellen Aufnehmen dieser Minuten wechseln sich ab. „Brenn es auf Deine Festplatte im Hirn damit Du diese Anblicke niemals wieder vergisst“.

Dann wird mir auf einmal schlecht. Wir sind ein wenig unterhalb des Doppelgipfels und haben einen wirklich spektakulären Ausblick. Reisekrank. Ich kenne das, mir wird schon mal schlecht auf dem Meer bei hohen Wellen oder im Bus bei kurvenreicher Fahrt. Aber doch nicht jetzt, verdammt ! Während ich noch überlege wohin ich mich am sinnvollsten übergebe, ob ich gar das Seitenfenster öffnen könnte und da hinaus....ob das überhaupt eine gute Idee wäre… höre ich Jeffs Stimme auf meinem Kopfhöhrer „ I think it would be a good idea to take a deep breath of oxygene now and feel comfortable“. Ok, denke ich, schlimmer kann es ja nicht werden. Wo war noch gleich die Sauerstoffmaske ? Ich setze meinen Kopfhörer ab, nehme mir die Sauerstoffmaske die hinter meinem Sitz hängt, lege sie an und wurstele darüber wieder den Kopfhörer. Ich habe noch niemals in meinem Leben während eines Fluges eine Sauerstoffmaske anlegen müssen und mir ist etwas mulmig dabei. Stay cool , ich weiß nicht wie oft ich das jetzt schon zu mir selber gesagt habe. Du kannst jetzt hier eh nicht aussteigen. Ich atme diese kühle erfrischende Luft aus der Maske tief ein und nach 2-3 Atemzügen geht es mir wieder gut , ein Wunder ! Sollte es etwa an der Höhe gelegen haben dass mir so schlecht geworden ist ?


Selbstverständlich braucht Jeff keinen Sauerstoff und sieht auch sonst noch sehr kernig und gesund aus. Ich bin etwas beruhigt.

„ Let´s see if we can have a short brake and stretch our legs for a moment“ höre ich da Jeff, unseren Piloten auf unserem Gletscherflug zum Denali über den Kopfhörer. Wie soll das gehen, frage ich mich. Hier ein paar Gymnastik-Übungen jetzt im Flieger, oder wie ? Manchmal braucht es bei mir etwas länger bis sich Gedanken in meinem Hirn zu logischen Aussagen formen… oder sollte er etwa… tatsächlich.. eine mögliche Gletscherlandung ins Auge gefasst haben ?

Irgendetwas in meinem Inneren beginnt zu jubeln aber Himmel, denke ich, mein Adrenalin ist eh schon am Anschlag und auch das jetzt noch. Nimm einen tiefen Zug aus der Sauerstoffmaske. Stay cool !

Wir gehen langsam tiefer und vor uns tun sich wahre Gletscherwelten auf. Überall von Rissen und Spalten und Geröll durchzogene Gletschermassen und steile, felsige Bergwände. Wo will er denn hier irgendwo landen ?

Er fliegt eine große Schleife in einem großzügigen Hochtal und beobachtet angestrengt die Umgebung. Sein Kopf geht von links nach rechts und zurück. Er beobachtet die Wolkenformationen und die Windrichtungen. Weit und breit für mein Verständnis immer noch kein auch nur irgendwie ansatzweise möglicher Platz zum Landen. Dann dreht er plötzlich ab und steuert auf ein Schneefeld neben einem großen breiten Gletscherstrom zu. Es wirkt zumindest aus der Entfernung durchgehend weiß und ist leicht ansteigend. Hier könnte es gehen. Hier fliegt er also hin. Das ist im Bereich des Möglichen. Wir sinken weiter und steuern eindeutig dieses Schneefeld an. Und dann sehe ich die ersten Spuren im Schnee, Spuren von Skiern , oder besser gesagt Kufen. Bin etwas beruhig. Er ist also nicht der Erste der hier landet. Je tiefer wir gehen desto mehr Spuren sehe ich im Schnee .

„ It will get a bit bumpy“ informiert uns Jeff noch kurz bevor er aufsetzt. Ja, das ist logisch, denke ich. Ein komplett ebenes, planiertes Landefeld gibt es wohl nicht hier am Fuße des großen Denali. Erster Bodenkontakt und es ruckelt ein wenig. Aber es ist ein sanftes Ruckeln, kein kräftiges Durchschütteln , es sind weiche Schneewehen durch die da unsere Kuven pflügen und ich habe keine Angst. Er wird immer langsamer und die „Bumps“ werden etwas heftiger. Dann sind wir gelandet und Jeff zieht die Maschine in einem Bogen wieder mit der Schnauze zum Tal bevor er sie in ihrer endgültigen Position parkt. Jede Minute wieder startklar, denke ich noch, das ist logisch. Und mir fallen wieder die Schlafsäcke, Schneeschuhe und Notrationen im Heck unseres Fliegers ein. Das also meinte er zu Beginn unserer Tour. Wenn das Wetter hier überraschend wieder umschlägt und ein neuerlicher Start plötzlich nicht mehr möglich ist…. Sehr locker öffnet er seine „Fahrertür“ und springt mit einem Satz auf den Gletscher. Möchte es ihm nachtun und öffne die „Beifahrertür“ . Doch es sind knapp 2 Meter bis zum Boden und ich zittere am ganzen Körper. Da nehm ich doch lieber die Tür hinten aus dem Passagier-Raum mit Treppe.

Wir machen jetzt eine kleine Pause von 10-15 Minuten hier oben, Zeit für Fotos und einen kleinen Spaziergang. Wir sollen aber nicht außer Rufweite gehen denn es könnte sein dass wir plötzlich schnell wieder abfliegen müssen wenn sich die Wolkenformation ändert und das Wetter umschlägt.

Zahllose Fotos werden geschossen, Gletscher mit Flugzeug, Flugzeug mit Pilot, Pilot und Passagiere, na alles was für so einen Bericht wichtig ist.



Irgendwann kommt dann von ihm das Signal zum Aufbruch und wir krabbeln wieder in unseren Flieger. Plötzlich werde ich ein zweites kleines Flugzeug gewahr was ein paar hundert Meter entfernt von uns steht. Das war vorhin bei der Landung auf keinen Fall schon da und wir waren viel zu sehr auf uns fixiert als dass wir dessen Landung mitbekommen hätten. Scheint also hier ein durchaus üblicher Landeplatz am Denali zu sein.

Auf einem höher gelegenen Felsen steht sogar ein Haus. Es ist eine Basisstation für Bergsteiger und Notunterkunft erklärt uns Jeff.

Zurück geht es über den gesamten Verlauf eines Gletscherfeldes. Wir folgen dem Gletscher bis er sich kurz hinter der Alaska-Range im Flachland auflöst und schmilzt und sein Wasser dem Susitna River übergibt der es zum Nordmeer transportiert.

2 abenteuerliche Stunden später landen wir wieder wohlbehütet in Talkeetna.

Allerdings sind wir so mit Adrenalin vollgepumpt dass wir erst einmal zu nichts anderem fähig sind als unsere individuellen Erlebnisse bei einer Tasse Kaffee loszuwerden. Hast Du das gesehen, hast Du jenes gesehen, war Dir auch so schlecht auf einmal ?

Mittags um 12 später sind wir wieder für den normalen Reisealltag zu gebrauchen, schwingen uns in Rosalee und weiter geht es zum Denali Nationalpark.

Das Wetter ist mittlerweile sonnig und der Himmel blau. Immer mal wieder lugt der hohe Mount Mc Kinnley in der Ferne zwischen den Bäumen vor und als ein vielgepriesener Viewing Point in Sicht kommt machen wir einen kurzen Fotostopp. Mt McKinnley at it´s best. Was für ein Ausblick, da liegt er, mit einer kleinen Wolke an seiner Spitze und strahlt eine Erhabenheit und Größe aus wie man es kaum für möglich hält. Die Szenerie ist so unwirklich wie auf einer Fotoleinwand. Eines steht auf jeden Fall fest, der große Denali meint es verdammt gut mit uns!


Die Landschaft ist wirklich wild und schön, das Fahren kein Problem und so überstehen wir ganz locker die 4 Stunden zum Eingang des Denali Nationalparks.

Am späten Nachmittag kommen wir im Nationalpark an und suchen uns einen schönen ( vorreservierten )Platz auf dem Riley Creek Campground direkt am Eingang des Denali aus.

Heute gelernt:

Lade Deine Elektrogeräte auf während du Strom hast z.B. während der Autofahrt und nicht erst auf dem Campingplatz mit einem Stellplatz ohne Strom

Gletscher-Landungen sind geil

29.06. Denali

Von Grizzlies, Elchen und schlafenden Japanern

Heute steht der Denali Nationalpark auf unserem Programm.

Wir haben um 9 Uhr den Parkbus bis nach Toklat gebucht und sollen eine halbe Stunde vorher am Visitorcenter sein. Unsere Abfahrtsstelle wird gerade ausgerufen und wir werden gebeten uns in einer Reihe aufzustellen. Um kurz vor 9 ist die ordentliche 2-er Reihe ziemlich lang. Dann rollt ein grüner Schulbus mit „Toklat“ auf dem Schild vor und wir dürfen einsteigen.

Leider darf man nicht mit dem eigenen Auto in den Denali Nationalpark fahren, es sei denn man hat einen der Campgrounds weiter drin im Park gebucht. Dann erhält man die Erlaubnis auch nur bis dahin mit dem PKW zu fahren. Danach verkehren nur die Parkbusse in regelmäßigen Abständen zwischen den einzelnen Haltepunkten und man kann beliebig aussteigen und wandern und in einen der nächsten Busse wieder einsteigen ( wenn Platz verfügbar ist).

Die Landschaft ist tatsächlich sehr schön, weit und wild und menschenleer , aber leider auch irgendwie tierleer, nichts zu sehen weit und breit an größerem Getier.

Unser Guide instruiert uns einfach laut zu schreien wenn man irgendwo ein Tier sieht, dann hält er an und die ganze Busladung kann in Ruhe schauen.

Irgendwann schreit dann ein Passagier das erste mal „ Moose“ und unser Bus hält sofort an. 40 Leute drängen sich mit ihren Kameras und Handys vor den Fenstern der linken Seite und jeder versucht irgendwie ein Bild zu schießen von diesem, tatsächlich ausgewachsenen Elch der da mitten im Gebüsch steht und sich genüßlich den Bauch vollschlägt. Doch mal richtig in voller Größe zu sehen bekommen wir , die auf der falschen Seite des Busses sitzen ihn eigentlich nicht und irgendwann gebe ich entnervt auf. Also kein Foto. Irgendwo werden wir schon mal noch einen sehen, denke ich. Wir machen Fotostopps und Pinkelpausen und die Fahrt wird lang so ganz ohne echtes Wildlife .



Allerdings wird die Straße immer schlechter und irgendwann ist es nur noch eine kleine Schotterstraße die in die, teilweise, sehr steilen Felswände gehauen ist. Und in den engen Kurven nähert sich der lange Bus manchmal bedenklich dem Abgrund . Vielleicht ist es doch besser wenn wir auf der „falschen“ Seite sitzen.

An unserer Endstation steigen wir dann aus und unser Guide informiert uns dass es in 15 Minuten zurück geht , wieder 3 Stunden Fahrt. Das ist uns einfach zu kurz und wir beschließen einen späteren Bus zurück zu nehmen.

Wir gehen zum Ufer des riesigen Toklat River, der direkt an der Station liegt und wandern ein wenig den Fluß entlang und bewundern die rundgewaschenen und bunten Steine die der Fluß an seinem Rand hinterlassen hat und die vielen bunten Wildblumen die hier überall blühen. Am Busparkplatz liegen ein paar abgestoßene Elchgeweihe und wir sind überrascht wie schwer und groß sie sind. Die Elche müssen ganz schön starke Halsmuskeln haben um diese schweren Geweihe tagtäglich durch die Gegend zu tragen .

Schließlich entdecken wir zwei ganz entspannt in der Flusslandschaft herumliegende große Wapitis mit ordentlichem Geweih. Na wenigstens mal eine Tiersichtung ohne in Wettstreit mit 40 anderen, fotographierwütigen Touristen treten zu müssen.

Es ist ziemlich kalt hier oben und sind wir noch im T-Shirt heute morgen los haben wir nun mal wieder alles aus dem Rucksack gekramt was sich darin finden lässt. Gut wären auch Handschuhe und Mütze gewesen. Wir verspeisen unsere Sandwiches ( im Park kann man nirgendwo etwas zu essen oder zu trinken kaufen sondern muss alles selbst mitbringen ).


Irgendwann gegen ½ 3 nehmen wir dann den nächsten Bus Richtung Visitorcenter, dürfen aber erst einsteigen und mitfahren nachdem alle anderen ihre angestammten Plätze eingenommen haben, die auch schon die Hinfahrt in diesem Bus gemacht haben.

Wir ergattern immerhin eine Zweierreihe im hinteren Teil des Buses und sind umringt von schlafenden Japanern , die natürlich wieder alle auf der richtigen Seite des Buses sitzen und einen direkten grandiosen Blick auf diese spektakulären Landschaften hätten, wenn sie denn wach wären. Wir hadern ein wenig mit dem Schicksal, aber gut, es ist nicht zu ändern. Und tatsächlich , nach weiteren 3 Stunden ereignisloser Fahrt ertappe ich mich selbst dabei wie meine Augen langsam schwer werden und mein Kopf ein wenig den Halt am Kopfteil des Sitzes sucht.

Irgendwann bremst unsere Busfahrerin dann unvermittelt ab und hält neben einem uns entgegenkommenden Bus. „ Grizzlys“ raunt es durch den Bus. Sie wurden von dem entgegenkommenden Bus ein paar hundert Meter weiter im Gebüsch entdeckt. Unruhe und Aufregung machen sich im Bus breit, sollten wir nun endlich, kurz vor Ende der Tour, tatsächlich noch einen ausgewachsenen Grizzly zu Gesicht bekommen ? Das würde natürlich für einiges entschädigen ! Wir pirschen uns mit dem Bus langsam um die nächsten Kurven und irgend jemand entdeckt sie dann tatsächlich direkt neben der Fahrbahn im Gebüsch eines mit Bäumen bewachsenen Hangs. Es sind 3. Ausgewachsene Grizzlys und ich bin völlig fasziniert von deren Größe. Ich habe schon einige Schwarzbären in freier Wildbahn gesehen, aber noch nie Grizzlys und schon gar keine Bären die solche Größe haben. Ein Muttertier mit ihren zwei älteren Kindern wird durch den Bus informiert. Allerdings herrscht ein derartiger Andrang an den Fenstern dass ich kaum eine Chance habe , selbst mit meinem Teleobjektiv einmal ein ordentliches Foto zu machen bevor sich nicht wieder ein Hinterkopf, eine Hand oder ein ganzer Mensch in meinen Bildausschnitt schiebt. Es ist irgendwie verrückt, eigentlich müsste der Bus zur rechten Seite umkippen weil alles wie idiotisch vor diesen kleinen Fenstern hängt. So will ich keine Tiere beobachten, das ist schlimmer wie Zoo. Das kann man nicht genießen, das ist anstrengend und macht keinen Spaß. Sicherlich wäre es anders gewesen wenn ich zur Abwechslung mal auf der richtigen Seite des Buses gesessen hätte….. Tröste mich mit dem Gedanken dass wir noch eine ganze Weile in dieser Wildnis unterwegs sein werden und wir vielleicht noch die Chance auf die ein oder andere Tiersichtung haben werden. Alleine, in unserem Camper, irgendwo einsam am Straßenrand, mit viel Zeit und guter Sicht und nicht mit 40 wild gewordenen Japanern die wie von der Tarantel gestochen aus ihrem Tiefschlaf erwacht sind und nun alle Ellbogen benutzen um an ein ansehnliches Foto zu gelangen.

Nach gefühlten 3 Minuten Hektik an Bord gibt dann unsere Rangerin/Busfahrerin/Reiseleiterin auch schon wieder den Befehl zum Aufbruch. Wir würden hier für einen Stau sorgen, hinter uns wären auch noch 2 Busse die die Bären beobachten wollten und es käme uns nun auch noch ein Bus entgegen. Stau im Denali wegen Grizzly. War irgendwie klar.

Ohne weitere Zwischenfälle sind wir gegen 5 Uhr wieder am Visitorcenter.

Nach unserer Denali-Bustour zurück am Campground machen wir es uns erst einmal auf einer Bank vor dem Verwaltungsgebäude bequem. Hier gibt es einen kleinen Laden, Duschen und Waschmaschinen und es gibt WLAN.


Während wir unsere Bilder sortieren und unser Tagebuch füllen stapft eine Elchkuh direkt auf uns zu. Na also, denke ich, dafür muss ich nicht in einem Bus sitzen. Wir erstarren zur Salzsäule und bewegen uns nicht mehr. Verhalten uns ganz ruhig und unauffällig und sie lässt sich von uns in keiner Weise stören. Leckerbissen muss es hier geben. Sie nähert sich bis auf fast 2 Metern und dreht dann wieder ab und sucht sich neue, bessere Fressplätze.

Es herrscht hier ein wenig Aufregung und von überall her kommen die Leute und pirschen sich an uns heran. Diesmal haben wir einen Logenplatz, nein, wir sitzen mitten drin ! Jemand sagt sie hätte noch Nachwuchs, der läge hinten im Gebüsch, gerade über den Weg. Als sich unsere persönliche Elchkuh dann wieder vom Acker macht, greife ich mein Tele und suche die kleinen Elchkinder. Ich muss nicht lange suchen. Da liegen sie friedlich im Unterholz und kauen vor sich hin. Mama hat sie wohl hier zur Mittagsruhe abgelegt und ihnen befohlen sich nicht vom Fleck zu rühren während sie unterwegs ist. So sieht es auf jeden Fall aus.

Später besucht uns noch ein sehr vorwitziges Squirrel und klaut sich direkt vor unserer Nase einen meiner Lieblingsschokokekse direkt aus der Schachtel vor unseren Augen. Sehr mutig der Kleine !

Heute gelernt :

Im Bus im Denali muss man in Fahrtrichtung auf der linken Seite sitzen und sollte eine halbe Stunde vor Abfahrt dort sein um in der Schlange weiter vorne zu stehen.

Wildtiere und Wetter machen in Alaska was sie wollen

Handschuhe ,Mützen und Bärenspray im Tagesrucksack schaden nicht

30.06. Denali- Fairbanks

Von Squirrels, Sonnenbrand und großen Vorbereitungen

Morgens werden erst einmal die Squirrels auf unserem Campground gefüttert. Da sind ein paar ganz Mutige die sich bis zu uns an den Tisch herantrauen, auf die Bank und dann auf den Tisch hüpfen, den Schwanz aufgestellt, jederzeit zum Sprung und zur Flucht bereit, sich immer weiter an unsere verführerische Hand mit den Nüssen heran pirschen, dann blitzschnell zugreifen, sich auf ihre Hinterbeine hocken und mit ihren kleinen Vorderbeinchen die Beute sofort ins Maul stopfen – zu putzig ! Ein anderes macht sich um die Fettreste unserer Steaks auf unserem Grillrost her und leckt ihn blitzblank.

Nach dem deftigen Frühstück schwingen wir uns wieder hinters Steuer unserer Rosalee und weiter geht’s Richtung Fairbanks.

Erst einmal finden wir ein großes Einkaufszentrum , stocken unsere Vorräte auf, tanken unser Auto bis zum Anschlag voll und ergattern ohne große Probleme einen schönen Stellplatz mit Wasser- /Strom- und Abwasser-Anschluß auf dem River RV Park.

Das Wetter wird traumhaft und wir beschließen diesen Nachmittag nur der Sonne und unserer Erholung zu widmen. Nach diesen ziemlich durchgetakteten Tagen seit unserer Ankunft in Anchorage haben wir uns das einmal verdient.

Bei mir ist an diesem Nachmittag die Luft raus. Ich mache es mir auf der Sitzbank unserer Camping-Garnitur so gut es geht bequem und liege einfach faul in der Sonne. Die ist so warm dass ich schlußendlich in kurzen Hosen und ärmellosem T-Shirt in der Sonne liege. Sonnenbrand in Alaska – wer hätte das gedacht !

Abends sind wir sogar noch zu faul etwas Ordentliches zu kochen und begnügen uns mit einfachen Sandwiches. Ein halber Tag OFF muss auch mal drin sein , herrlich !

Heute gelernt:

In Alaska kann man im Sommer auch Sonnenbrand bekommen

Morgen steht das erste große Abenteuer an – der Dalton Highway bis zum Polarkreis und vielleicht noch weiter.

Und wir haben uns natürlich informiert…Was man also alles tun & lassen sollte wenn man den Dalton fahren will :

- Immer Licht an

- Kein Halten auf Bergkuppen, in Kurven oder anderen unübersichtlichen Stellen

- Langsamer werden und rechts ran fahren wenn ein LKW entgegen kommt ( riesige Staubwolke die einen umhüllt und man wirklich länger nichts mehr sieht)

- Wenn ein LKW im Rückspiegel erscheint langsamer werden, rechts blinken und rechts ran fahren. Überholen lassen, Trucks haben absoluten Vorrang auf dieser Straße

- Nur auf weiter, übersichtlicher Strecke halten um Tiere zu beobachten

- Vor Fahrtantritt alle Fenster & Türen extra fest schließen .Dachluken nicht vergessen. Ggfs. „blaues“ Tape auf die Hintertür kleben ( Tipp von Go North ). Bitte aber kein andersfarbiges Tape benutzen sonst geht der Lack mit ab. ( Haben wir natürlich nicht daran gedacht beim Einkaufen).

- Alles im Camper sehr ordentlich verstauen, alle Schranktüren extra überprüfen ob sie fest geschlossen sind. Keine Gegenstände auf Tisch oder Bänken oder Anrichte.

Wir sind also vorbereitet. Auch in der Milepost stehen all diese Vorsichtsmaßnahmen sehr ausführlich beschrieben, muss also ernst gemeint sein. Wir sind ganz schön aufgeregt !



01.07. Fairbanks – Polarkreis- Coldfoot

Von Schotterpisten, Staub und großen Trucks

Abwasser-Tanks geleert, Wassertank gefüllt, das Auto ist vollgetankt. Heute wollen wir also die Straße aller Straßen befahren : den Dalton Highway.

Dieser legendäre Highway der von hier bis zur Prudoe Bay ans Nordmeer führt. Ursprünglich einmal ausschließlich als Versorgungsstraße der Ölraffinerie an der Prudoe Bay und der Alaska-Pipeline gedacht findet der ein oder andere Abenteuer-Reisende durchaus gefallen an ihr. Im Internet grassieren die wildesten Reiseberichte über diesen Highway und wenn man sie gelesen hat überlegt man es sich schon zweimal ob man das auf sich nehmen möchte. Eigentlich ist jeder ein absoluter Held der das überlebt. So hat man zumindest den Eindruck wenn man diese wenigen Geschichten dazu liest die sich im Netz überhaupt finden. Unser erklärtes Ziel sind die ersten 180 km bis zum Polarkreis.

Wir checken noch einmal den Wetterbericht für diese nördlichste Region Alaskas, alles bestens, strahlender Sonnenschein. Seit längerem kein Regen, also müssten der Straßenzustand des Dalton Highway einigermaßen gut sein.

Gegen 11.oo h geht’s los. Zuerst geht es kurz hinter Fairbanks auf den Elliott Highway bis Goodliving . Was für ein schöner Name für einen Ort. Die Milepost vermerkt : Population : 10.

Der Elliott Highway ist teilweise noch geteert mit vielen Schlaglöchern, mitunter ein echter Flickenteppich , teilweise schon Schotter.


Am Anfang befahren wir noch etwas zögerlich und langsam diese Schotter-Strecken. Und sind ziemlich aufgeregt. Rosalle, unser Pick-up Camper, reagiert vorbildlich und recht schnell gewöhnen wir uns an diesen für uns Europäer sehr seltenen Straßenbelag. Bald sind wir bereits ziemlich zügig unterwegs.

Kurz hinter Goodliving dann dieses berühmte Schild an der Straße :

„ Speedlimit 50 – next 416 Miles“ . Himmel, denke ich, das sind knapp 800 Kilometer durch die Wildnis. Doch das Wetter ist bestens, es ist herrlich warm, die Sonne scheint von einem strahlend blauen Himmel, die Straße ist trocken und eigentlich gut zu befahren.

Dann folgt kurz hinter diesem Schild, das den Beginn des Dalton Highway markiert ein kleiner Parkplatz mit einem großen Schild „Dalton Highway“. Zwecks Beweisfotos posieren wir gerade abwechselnd vor diesem Schild als ein Pick-up mit Anhänger anhält und ein älterer Herr sein Seitenfenster herunter kurbelt und uns anspricht. Was wir hier wollten , fragt er uns freundlich, 2 Frauen alleine. „That´s real men country, ladies ! That´s bear country too. Take care and drive safely !“ Vorsichtshalber fragt er noch ob er von uns beiden ein Foto machen darf, das würde ihm sonst keiner glauben. Und er könnte hinterher prahlen dass er der Letzte war der uns lebend gesehen hat, spotte ich in Gedanken. Er ist aber so nett uns beide zusammen vor dem Schild zu fotographieren. Er tut das allerdings von seinem Fahrersitz aus, durch das Seitenfenster, wahrscheinlich aus Vorsicht. Vor so 2 alleinreisenden Damen muss man sich in Acht nehmen.

Der Dalton zeigt sich von seiner besten Seite. Sensationelle Ausblicke auf diese hügelige Landschaft, mal bewaldet, mal weite Graslandschaften. Und immer sieht man auf Meilen den Verlauf des Dalton, wie er sich zwischen den Hügeln, durch Täler und über Höhen schlängelt. Direkt nebenan verläuft oft meilenweit die Alaska-Pipeline. Die hätte ich mir irgendwie größer und spektakulärer vorgestellt.

Und irgendwie gesicherter. Aber da begleitet uns über viele Meilen dieses kleine Stahlrohr, mal auf Stelzen hoch über der Straße, mal eine Abkürzung über einen Berg nehmend, mal in leichten Biegungen neben der Straße verlaufend.


Dann überqueren wir das erste Mal den Yukon-River, der dort oben an der Prudoe Bay ins Nordmeer fliesst. Er ist schon mächtig breit und fließt ruhig und träge dahin und führt dennoch nicht viel Wasser.

Direkt hinter dem Yukon liegt das „Yukon River Camp“. Einziger Rastplatz auf halber Strecke bis nach Coldfoot.

Es besteht aus zwei Containern und einer Tankstelle.

Wir parken schwungvoll auf dem riesigen Parkplatz und gönnen uns einen Kaffee und einen ausgezeichneten warmen Applepie in dieser besseren Baracke und fahren dann weiter.

Dann unsere ersten Bären in freier Wildbahn. Eine Schwarzbären-Mutter mit ihren beiden Cubs ( alle Tierkinder werden hier kurz als Cubs bezeichnet) verzieht sich aber schleunigst ins nahe gelegene Gebüsch als wir etwas zu schnell auf sie zu rollen. Schade !

Trotzdem sind wir wie elektrifiziert, wie aufregend ! Das ist etwas anderes als diese Massenveranstaltung im Denali Nationalpark mit 40 Leuten in einem Bus die sich wie von der Tarantel gestochen an die Fenster schmeißen um einen heißen Shot zu ergattern.

Auf dem Dalton wechseln sich geteerte und Schotter-Abschnitte regelmäßig ab. Eigentlich ist der Schotter fast besser zu befahren als der Teer, stellen wir schnell fest. Die Teer-Abschnitte sind in so einem schlechten Zustand dass es manchmal die reinste Parcour-Fahrerei ist den vielen Schlaglöchern und Unebenheiten auszuweichen. Irgendwann übersehe ich dann doch mein erstes großes Schlagloch und ich erschrecke mich fürchterlich. Hoffentlich ist nichts Wichtiges an Rosalee kaputt gegangen, ein Platten wäre jetzt das Letzte was wir brauchen könnten. Doch es geht alles gut.


Das Trügerische auf diesem Dalton Highway ist dass sehr lange gar nichts passiert. Man hat unendlich Zeit diese wilde und abwechslungsreiche Landschaft zu betrachten, seinen Blick bis zum Horizont schweifen zu lassen, dem Straßenverlauf bis zur Unendlichkeit zu verfolgen, ab und zu mal einen Blick auf die Straße zu werfen dass man dabei völlig vergißt auch einmal in den Seitenspiegel zu schauen (leider haben wir keinen Rückspiegel). Manche Straßenabschnitte sind etwas breiter, manche etwas schmaler und man nimmt unwillkürlich ziemlich viel Platz auf dieser Straße ein wenn man stundenlang nicht mit Gegenverkehr rechnen muss. Der kündigt sich aber meilenweit vorher durch weite Staubfahnen an. Da weiß man schon Minuten vorher dass jemand entgegen kommt. Anders ist es mit dem nachfolgenden Verkehr.

Während ich so verträumt und entspannt , ziemlich mittig auf dem Dalton unterwegs bin und meine Gedanken geruhsam über die Landschaft schweifen lasse, nur diese aufregende Schotterstraße und wir, erscheint plötzlich ein lautes, staubendes Ungeheuer in meinem Seitenspiegel, nein eigentlich ist er schon direkt neben mir. Die Lichthupe an, wild gestikulierend, versucht er mich zu überholen. Himmel, wer weiß wie lange schon ! Ich bin zu Tode erschrocken und ziehe sofort rechts an den Rand. Das hätte auch schief gehen können. Für uns, eher weniger für den Truck. Der hätte uns von der Bahn gefegt wenn ich ihn nicht im allerletzten Moment noch gesehen hätte.

„No Merci“ , die Truckfahrer auf dieser Strecke verstehen keinen Spaß, habe ich irgendwo gelesen. Sie stehen unter ziemlichem Termindruck und haben keine Zeit und Verständnis für ein verträumtes Damen-Duo das gerade die große Wildnis entdeckt. Dabei sind wir gar nicht mehr langsam unterwegs. Schotterstraße fahren macht Spaß und geht auch gut bei 50 mph. Möchte nicht wissen mit welchem Speed diese Trucks hier unterwegs sind. Wir sind total eingestaubt und warten erst einmal bis sich der erste Staub wieder gelegt hat bevor wir weiter fahren können. Das Gleiche passiert mir wenig später noch einmal. Von da an bin ich deutlich aufmerksamer und werfe gefühlt 3 x in der Minute einen Blick in den Seitenspiegel um solche gefährlichen Situationen nicht noch einmal zu erleben. Man muss ganz schön konzentriert hier unterwegs sein, merke ich. Schlaglöcher, Tiere, entgegenkommende Fahrzeuge, hinter einem heranrauschende Trucks, und dann wieder eine Stunde lang gar nichts.

Nach einem kurzen Stopp an den „Finger Mountains“, einem Hochplateau mit schönem Rundblick auf die sich ausbreitende Tundra, wird der Dalton erst richtig schlecht. Allzuweit sind die Straßenarbeiter Anfang Juli in diesem Sommer noch nicht gekommen um die tiefen Schlaglöcher zu flicken. Der Schotter ist da deutlich besser zu befahren.


Irgendwann kommt dann ein kleines Hinweisschild „Arctic circle“. Fast hätten wir es übersehen. Wir kurven auf den Parkplatz und tatsächlich finden sich hier ein paar Touristen. Wo kommen die denn alle auf einmal her ?

Es steht dort ein großes Holzschild „Arctic Circle“ mit der Breitengrad-Angabe und ein kleines Informationsschild über die Breitengrade der Erde und wo der Polarkreis in Alaska verläuft.

Die Stelle ist weder spektakulär, noch hat sie irgendeinen Ausblick. Parkplatz mit Buschwerk und Schild. Fertig. In Alaska sind solche Dinge nicht so wichtig.

Eine Truppe mit großen Jeeps und einer Batterie Ersatzkanister hinten aufgeschnallt macht einen auf Abenteuer-Trip und wir schauen sie schon ein wenig mitleidig an. Wahrscheinlich haben sie für diesen Hokuspokus viel Geld bezahlt und eine Tagestour von Fairbanks zum Polarkreis gebucht. Zack, Gruppenfoto, Einzelfoto, Tour vorbei, wieder umdrehen und zurück .

Doch, wir sind stolz auf uns. Den Arctic Circle zu erreichen war unser großes, unser einziges Ziel auf dieser Tour gen Norden. Jetzt haben wir es geschafft. Und die Bedingungen sind so einwandfrei dass wir natürlich weiter fahren, noch einmal 100 Meilen bis nach Coldfoot….

Abends gegen 7 sind wir dann in Coldfoot. Nein, kein Ort, nur eine Ansammlung von ein paar Containern. Ein Restaurant / Motel/ Bar und eine Tankstelle.

„Nein“ es gäbe hier nicht wirklich einen Campground , erfahren wir von der netten Bedienung im Restaurant. Wir könnten uns hinstellen wo wir wollten. Hinten „ over there, there is some gras“ sagt sie und zeigt unbestimmt über den riesigen Schotterparkplatz. Nein, wir wollten nicht zelten, wir suchten einen Platz für unseren Camper. Sie schaut uns ein wenig verständnislos an. „Behind the gras“ sagt sie , immer noch nett lächelnd. Da wäre Platz genug.


Wir suchen uns also einen schönen Platz „behind the gras“ direkt an einem kleinen See wo sonst kein Mensch ist. Ist das nicht etwas zu abgelegen für uns zwei alleine ? In der Ferne heulen entweder die Hunde einer nahe gelegenen Husky-Farm oder… nein, es sind sicherlich Hunde.

Nach diesem aufregenden und anstrengenden Tag wollen wir nicht auch noch kochen und begeben uns in diesen Saloon auf der anderen Seite dieses riesigen Parkplatzes.

Wir ergattern gerade noch die Reste eines ausgezeichneten „All-you-can-eat“ Buffets für $21,99 und machen es uns auf der Terrasse bequem. Das Essen ist wirklich ausgezeichnet – wie es wohl der frische grüne Spargel hierher geschafft hat ? - sicherlich in einem dieser Trucks die uns heute fast vom Highway gefegt hätten.

Bestelle mir das örtliche Bier, eine Flasche „Coldfoot“ Pilsener , die ausgezeichnet schmeckt. Wir sitzen auf dieser Terrasse , bestaunen zwei wunderschöne Regenbögen die gar nicht mehr vergehen wollen und lauschen den Gesprächen um uns herum.

Dort eine kleine Gruppe älterer Herrschaften die mit einem Guide unterwegs sind, hier ein paar Motorrad Fahrer die sich über die letzten 50 Meilen des Dalton austauschen. Der eine war schon oben, die beiden anderen noch nicht. Es wird gefachsimpelt über den Straßenzustand und der Erfahrenere gibt gerne und ausführlich Auskunft über sein Abenteuer heute. Unter Motorrad-Fahrern hat der Dalton einen gewissen Kult-Status. Jeder der die ultimative Herausforderung sucht fährt einmal in seinem Leben hier hoch bis zur Prudoe Bay nach Deadhorse um dann einen Schnappschuss vor einer hohen Betonmauer zu machen und die gleiche Quälerei zurück zu überleben. Ja, wir hätten es auch gemacht , wenn wir mehr Zeit gehabt hätten, glaube ich.

Auf jeden Fall unterscheiden sich hier zwei Gruppen schon auf den ersten Blick. Die eine Gruppe die noch nicht „oben“ war ist etwas staubig, unter normalen Umständen würde man schon sagen dreckig aber noch guter Dinge und gespannt, aufgeregt auf das was da am nächsten Tag kommt. Man saugt alle Informationen , die man über die Strecke,speziell die letzten 50 Meilen, ergattern kann, wie ein Schwamm auf und versucht sich mental auf diese Herausforderung einzustellen.

Die andere Gruppe, die, die es überstanden, überlebt, erfahren hat ist schon optisch ein wahres Highlight. Dreckverschmiert, schlammig, verkrustet und fertig, manche fluchend, in erster Linie aber erleichtert, steigen sie von ihren Motorrädern und eine satte Befriedigung spricht aus ihren Mienen. Geschafft, bezwungen, überstanden. Für die Fahrzeuge gilt übrigens optisch das Gleiche.

Diese Mischung aus Abenteuer-Freaks und richtig harten Alaska-Truckern ist wirklich einmalig und wir zwei alleinreisende Weiber werden ein wenig misstrauisch beäugt.

Es spricht uns auch keiner an ,nur ruhen ihre Blicke immer wieder neugierig auf uns und der Gipfel der Kommunikation ist die Frage nach Feuer. Irgendwie haben sie noch keine richtige Schublade für uns zwei gefunden.

Es wird nicht dunkel, nicht einmal dämmrig. Nachts um 12 ist es immer noch taghell und ich genieße dieses ewig währende Tageslicht unendlich.

Unser Camper steht auch nicht mehr alleine am See sondern mittlerweile haben sich noch ein paar kleine Einmannzelte dazu gesellt von den Motorrad-Fahrern aus dem Saloon. Wir fühlen uns nun ein wenig weniger einsam. Was auch Quatsch ist. Trotzdem ist es ein gutes Gefühl.

Heute gelernt:

Vorsicht vor tiefen Schlaglöchern

LKWs sind hier oben gefährlich

Lerne Staub zu lieben



02.07. Coldfoot – North Pole

Von Apfelstrudel und hochsommerlichen Temperaturen

Katzenwäsche und Frühstück .

Wir statten dem nördlichsten Postamtes der USA noch einen kleinen Besuch ab. Allerdings ist die Dame hinter dem Schalter genau die Gleiche die uns abends zuvor im Restaurant bedient hat. Menschen in diesen wenig besiedelten Gebieten sind sehr vielseitig muss ich einmal wieder feststellen und haben oft mehrere Jobs. Der Einsatz eines vollbezahlten Postbeamten macht hier oben wohl auch wenig Sinn… In Neufundland hat uns einmal eine Dame das Frühstück in einem kleinen B&B serviert, mittags trafen wir sie wieder im örtlichen Andenkenladen und abends stand sie in einer Bar hinter der Theke und zapfte Bier.

Gegen 10.00 h machen wir uns auf den Rückweg nach Fairbanks.

Es ist richtig heiß heute und der Himmel blau und nahezu wolkenlos, perfekte Bedingungen auch für unsere Rückfahrt.

Irgendwie kommt uns der Rückweg heute etwas kürzer vor als gestern die Hinfahrt nach Coldfoot und wir fahren recht souverän mittlerweile alle Abschnitte des Dalton Highway. Egal ob Schlaglöcher, armseliger Asphalt oder Schotter.


Machen auch auf dem Rückweg einen Stopp am Yukon River Camp und essen noch einmal diesen leckeren Applepie. Ist er tatsächlich so lecker oder liegt es eher an der Umgebung, der ganzen Atmosphäre hier, dieser großartigen Landschaft und unseren imposanten Eindrücken dass er so gut schmeckt ? Wir werden es wohl nicht heraus finden. Ich möchte ihn trotzdem wärmstens weiter empfehlen.

Mittlerweile sind wir bei kurzen Hosen angelangt und packen sogar das Oberteil ohne Arm aus. Warum soll man in Alaska nicht braun werden ?

Unterwegs sehen wir einen hochherrschaftlichen Elch in der Tundra stehen. Majestätisch dreht er den Kopf und beobachtet uns ganz entspannt aus der Ferne bis wir weiter fahren. Den Bären ist es wohl zu heiß heute um sich am Straßenrand herum zu treiben. Wahrscheinlich liegen sie entspannt an einem kühlen Platz unter einem Dickicht und warten auf kühlere Temperaturen in den frühen Morgenstunden.

Gegen 18.00 h sind wir in North Pole, kurz hinter Fairbanks. Gehen erst einmal einkaufen und richten uns dann im River RV Park ein.

Es gibt Tortellini aus der Bordküche.

Heute gelernt :

Auf dem Dalton Highway fahren sogar Fahrzeuge die Wasser versprengen damit es nicht so staubt



02.07. North Pole – Tok

Vom Weihnachtsmann, einer sehr langen Straße und einem Barbesuch

Am nächsten Morgen steht erst einmal Weihnachten auf dem Programm, mitten im Juli. Wir sind ja in North Pole, Alaska.

Jetzt bin ich nicht unbedingt ein Freund dieses amerikanischen, völlig überladenen Christmas-Hype aber wenn wir schon mal in North Pole sind…

Auf der Suche nach dem Wohnort von Santa Claus kommen wir an einer Polizei-Station vorbei. Ich gerate ein wenig in Verzückung. Sind doch über dem „Police“ Zeichen lauter Schneehäubchen gemalt. Police mit Humor, das ist wirklich toll !

Die Laternen an den Straßen sehen aus wie riesige Zuckerstangen und die Straßen tragen Namen wie „Santa Clause Lane“ oder „Snowmen Lane“ .

Dann stehen wir vor dem Santa Claus Haus, hinter uns der 6 spurige Highway. Irgendwie hätte ich mir das Haus von Santa Claus anders vorgestellt, romantisch aus dicken Holzbalken, heimelig in einem Wald auf einer kleinen Lichtung gelegen, warme Atmosphäre und einen brennenden Kamin.

Stattdessen große Parkplätze, ein abgezäuntes Rentier-Gehege und ein wenig Bemalung auf dem nüchternen weißen Haus. Innen tun sich die Abgründe der amerikanischen Dekorationswut auf. Das ganze Jahr wird hier Weihnachtsdeko verkauft, Rentier-Pullover, T-Shirts mit „ I love Santa“ von XS bis XXL, Tannenbaum-Anhänger ( und Ihr macht Euch keine Vorstellungen davon was man alles an einen Weihnachtsbaum hängen kann ), Zuckerstangen und anderer Deko-Schnick-Schnack nach Farben und Geschmacksrichtungen sortiert. Und dann steht da natürlich, etwas erhöht auf einer Empore DER rote Samtstuhl.

Hier sitzt Santa also in der Weihnachtszeit persönlich und gewährt Audienzen. In einem unbeobachteten Moment wagen wir ein schnelles Platznehmen auf DEM Stuhl, erstaunlicherweise geht keine Sirene an und wir werden auch nicht dem Laden verwiesen. Vielleicht ist Santa gerade im Sommerurlaub.

Wahrscheinlich ist das ganze Städtchen zur Weihnachtszeit damit beschäftigt Pakete in alle Welt zu verschicken –eine sicher sehr lukrative Geschäftsidee.

Für Bestellungen wende man sich einfach an : Santa Clause House, 101 St. Nicholas Drive, 99708 North Pole/Alaska.



Unser Weg führt uns auf dem Richardson Highway Richtung Delta Junction nach Süden. Das größte Highlight in Delta Junction ist wahrscheinlich das Ende des Alaska Highways , Mile 1422. Hier trifft der Alaska Highway auf den aus Fairbanks kommenden Richardson Highway. Ein Visitorcenter klärt über den Bau des Alaska-Highways , einen immensen Kraftakt, auf.

Als die Japaner im November 1942 Pearl Harbor im Pazifik angriffen wurde man in Washington gewahr dass auch der hohe Norden völlig ungeschützt war und man überhaupt nicht in der Lage war diesen zu verteidigen. Bereits zwei Monate später ordnete damals Präsident Roosevelt den Bau einer Straße in den Norden an. Im April begann man in Abstimmung mit Kanada und dem Einsatz von mehr als 10.000 Soldaten den Bau .

Bereits im Oktober 1943, 6 Monate nach Beginn der Arbeiten, war der Alaska Highway, damals noch eine einfache Schotterstraße, fertig. Er erlaubte aber den Amerikanern und Kanadiern jederzeit Soldaten und Kriegsgerät in kürzester Zeit in den Norden zu verlagern. Er führt über 1422 Meilen von Dawson Creek im nördlichen British Columbia/Kanada nach Delta Junction/Alaska. Und wir werden große Teile davon jetzt befahren.

Auf dem Alaska Highway zwischen Delta Junction und Tok, unserem heutigen Tagesziel, ist fast kein Verkehr. Über Stunden sind wir alleine unterwegs und cruisen ganz entspannt auf dem gut ausgebauten Highway Richtung Süden.


Die Geschwindigkeitsbegrenzungsschilder am Rand scheinen allerdings nur eine höfliche Empfehlung der örtlichen Behörden zu sein. Kein Einheimischer berücksichtigt diese Empfehlung da er die Strecke bestens kennt. Der Alaska Highway ist auf dieser Strecke auch keine kleine kurvenreiche Landstraße sondern ein breiter, immer geradeaus verlaufender Highway den man weit überblicken kann und andere Verkehrsteilnehmer bereits minutenlang vorher meilenweit entfernt erkennt. Keinerlei Vorkommnisse auf dieser Strecke. Leider auch keine Bären oder andere Wildtiere.

Am späten Nachmittag kommen wir in Tok an und erkundigen uns nach der Husky-Farm von Hugh Neff, dem zweimaligen Yukon-Quest Gewinner und verabreden uns für den nächsten Morgen.

Zum Golden Bear RV Park ist es nicht weit und dort gibt es sogar die Möglichkeit unseren total verdreckten und staubigen RV einmal einer kleinen Wäsche zu unterziehen. Besonders die Schlösser der Tür und der Vorratskisten am Hinterteil unserer Rosalee funktionieren nur noch sehr eingeschränkt und es ist eher schwierig den Schlüsselbart hinein zu stecken.

Nach einem einfachen Abendessen entschließen wir uns also zu unserem ersten und letzten Bar-Besuch in Alaska. Die Tok Bear Bar liegt praktischerweise direkt gegenüber unseres Campgrounds. Und innen sieht es auch so aus wie man sich eine Bar in Alaska vorstellt. Riesiger Holztresen, ein paar einfache Tische & Stühle über den dunklen Raum verteilt, Poolbillard, eine Musikbox in der Ecke und ein großes Transparent von Hugh Neff an der Wand „ Winner of the Yukon-Quest 2012 & 2016“ . Tok gratuliert.

Die Unterhaltungen kommen kurz ins Stocken als wir die Bar betreten und man beäugt uns etwas misstrauisch. Wie haben die beiden sich denn hierhin verlaufen ? Soll das wohl heißen. Irgendwann haben sie aber genug geschaut und versinken wieder in ihren normalen Bar-Aktivitäten. Es sind nicht viele Leute hier, alles Einheimische, was man so auf den ersten Blick sagen kann. Es darf geraucht werden

Es wird Pool- Billard gespielt und an der Bar ein wenig lockere Konversation gemacht. Nichts aufregendes, was in einer Bar so halt Belangloses besprochen wird. Gestern hat es den einen Nachbarn auf dem Alaska Highway erwischt. Hat einen Büffel angefahren. Auto schrott. Was willste machen ? Pech, musste halt aufpassen.

Versuche diesen Gesprächen zu folgen, aber es ist schwierig denn zwischendurch geht auch schon mal der ein oder andere zur Jukebox, wirft einen Dollar hinein und wünscht sich ein Lied. So etwas habe ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen.

Wir bestellen 2 Alaskan Amber Bier, und hocken uns auf die Stühle an der Bar.

Als wir sie ausgetrunken haben , aus Solidarität 2-3 Zigaretten mitgeraucht haben – wann darf man in einer Bar schon mal rauchen – bezahlen wir und gehen nach Hause. Super Abend.



03.07. Tok – Dawson

Von einem waschechten Musher und dem Gipfel der Welt

Heute morgen gibt es ein frühes, kostenloses Frühstück im angrenzenden Motel B& B Golden Bear in Tok. Es gehört hier alles zusammen, irgendwie. Hugh Neff´s Frau hilft hier in der Küche und wir haben auf unsere Campground-Übernachtung einen Rabatt bekommen weil er uns geschickt hat.

Hugh Neff hat 2012 und 2016 den „Yukon Quest“ gewonnen. Dieses legendäre Hundeschlitten-Rennen welches jährlich im Februar zwischen Whitehorse im Yukon und Fairbanks/Alaska ausgetragen wird. 1000 Meilen durch die winterliche Wildnis. Nur ein Muscher, also Hundeschlittenführer und sein aus 12 Hunden bestehendes Gespann. Tag und Nacht, rund um die Uhr, bei jedem Wetter. Die Route verläuft teilweise über die großen zugefrorenen Flüsse des Nordens, teilweise über schroffe Berge und offene Ebenen, mit Temperaturen bis zu -40 Grad. Nichts für Warmduscher auf jeden Fall. Unterwegs gibt es einzelne Stationen zur Versorgung von Muschern und Hunden, wo Zwischenzeiten genommen werden, Veterinäre den Gesundheitszustand der Hunde begutachten und sie notfalls auch aus dem Gespann nehmen, improvisierte Schlafmöglichkeiten und ein warmes Essen warten.

Eine ziemlich spannende Veranstaltung also die sich über 8-15 Tage hinzieht, je nach Witterungsbedingungen und live im Internet zu verfolgen ist : www.yukonquest.com.

Letztes Jahr habe ich live am Rechner gesessen und den Sieg von Hugh Neff und seinen Siegereinlauf in Whitehorse erlebt und jetzt bin ich in Tok und würde einfach gerne wissen was das für ein Typ ist. Der sich so etwas freiwillig antut und auch noch Spaß dabei hat.


Morgens um 9 sind wir mit ihm auf der Husky-Farm zum Füttern verabredet.

Kaum sind wir auf den Parkplatz gerollt geht auch schon die Haustür auf und Hugh kommt mit einem riesigen Eimer Futter vor die Tür. Die Huskies machen ein riesen Spektakel als sie ihn sehen und verstummen erst wenn ihr persönlicher Napf gefüllt ist und sie ihre Schnauzen hineinstecken können.

Es gibt Essensreste aus der Gemeinde , Kohl und Fischabfälle sagt er. Den Hunden scheint es zu schmecken. Es ist ein ziemlich flüssiges Fressen, ganze Fisch-Skelette schwimmen darin herum und er verteilt dieses Gemisch mit einer großen Kelle in die einzelnen Fressnäpfe.

Wenn ich so denke was bei uns in Deutschland ein Hype mitunter um Hundenahrung gemacht wird, finde ich das hier ganz erstaunlich. Die Tiere sehen sehr gesund und kräftig aus, schließlich sind fast alle beruflich als Schlittenhunde unterwegs und leisten da ganz Erstaunliches. Für einen 1000 Meilen-Lauf wie den Yukon-Quest oder den Iditarod ( das Pendant in Alaska dazu ) müssen sie schon topfit sein.

Als er mit der Fütterung im Gehege fertig ist führt er uns hinter sein Haus wo noch ein kleinerer Zwinger steht. Hier wohnen die Puppies. Vielleicht 3 Monate alt, sie haben nur Blödsinn im Kopf, erzählt Hugh und sie rennen ihn fast über den Haufen als er den Zwinger betritt. Wir sollen ihm folgen signalisiert er.

Sie stecken die Köpfe bis über die Ohren in den Sud, den Hugh da austeilt und kommen dann auf uns zu gerannt zum kuscheln und kraulen und drücken uns ihre nach Fisch stinkenden, tropfnassen, süßen, neugierigen Schnauzen entgegen. Egal, da müssen wir jetzt durch. Übermütig springen sie an uns hoch, um uns herum, schlecken mit ihren fischigen Schnäuzchen einmal übers Gesicht, puh… jetzt bloß nicht zucken. Waschen und Klamotten wechseln können wir später. Sie sind einfach nur süß und tollpatschig und übermütig, einfach übermütige Kinder die nicht wissen wohin sie mit ihrer Kraft sollen .

Hugh lässt das Gatter auf und sie dürfen mit uns raus.

Wir reden eine Weile über ihn und sein Leben und was wir so machen, im normalen Leben. Er erzählt vom Yukon Quest und dass es für ihn die absolute Freiheit bedeutet mit seinem Hundegespann alleine auf diesem langen Weg zu sein, noch dazu unterstützt von seinen Sponsoren. Das ist bezahlter Urlaub, sagt er. Und ich denke „dafür muss man auch geboren sein, sonst hält man das nicht aus“.



Jetzt müssen wir uns aber sputen. Ab ½ 11 wird der Alaska Highway in Tok gesperrt sein denn es ist Nationalfeiertag 4. Juli / Independece Day und mittags findet hier die obligatorische große Parade statt. Dann öffnet der Highway erst wieder gegen Abend. Das ist leider zu spät für uns , denn wir wollen heute noch nach Dawson. Also verzichten wir auf die Parade zum Unabhängigkeitstag und schwingen uns hinter Rosalees Steuer.

Ein weiteres fahrerisches Schmankerl steht heute auf dem Programm – Taylor Highway & Top of the World Highway. Die Strecke bin ich aber vor vielen Jahren schon einmal mit einem großen Wohnmobil gefahren. Das war kein größeres Problem, deshalb bin ich ziemlich entspannt und freue mich auf diese schöne Strecke über die Bergkämme des Yukon.


Der Taylor-Highway präsentiert sich anfangs in einem ganz guten Zustand und die Landschaft wird immer bergiger, grüner, verlassener. Entweder sind alle Menschen heute auf der „großen“ Parade in Tok oder hier ist einfach grundsätzlich gar keiner unterwegs. Nahezu kein Gegenverkehr, kein einziger LKW, keiner der mit uns Richtung Dawson fährt.

Kurz vor Chicken dann eine kilometerlange Matsch-Baustelle. Tiefe Spurrillen und zweimal habe ich das Gefühl dass sich unsere Rosalee fest fährt. Bloß keine hektischen Lenkmanöver jetzt, sachte und behutsam mit dem Gaspedal umgehen, Lenkrad fest in den Händen. Aber sie kämpft sich wacker durch.

Und eine weitere Schicht Staub und Matsch legt sich auf den dunkelgrauen Lack unseres Campers. Ich mag das. Das sieht nach Abenteuer aus und erzählt Geschichten von den Highways die wir schon befahren haben.

Chicken ist in diesem Sommer eine einzige Baustelle, dieser winzige, einzige Ort zwischen Tok und Dawson, die Milepost vermerkt : Population 7.

Im Sommer treiben sich hier aber auch ein paar Touristen und Goldsucher herum die auf dem örtlichen Campground eine Bleibe finden.

Chicken verfügt über „Downtown“, einen „Airport“ ,eine „Mainstreet“ , zumindest aber mal über eine Tankstelle, einen recht großen Souvenirshop, einen alten, stillgelegten Goldbagger und versinkt dieser Tage im Matsch.

Wir ergattern einen Kaffee und unser kleiner Rundgang hat sich nach 3 Minuten erledigt. Die 3 überlebensgroßen Hühner auf dem Dorfplatz, offensichtlich das Wahrzeichen von Chicken, sind neu.



Nach Chicken ist der Taylor Highway nur noch ein besserer und einspuriger Waldweg. Da heute aber Nationalfeiertag ist kommen auch keine LKWs uns entgegen was das Befahren deutlich entspannter macht und man muss nicht vor jeder scharfen Kurve fürchten plötzlich vor einem schnaubenden Ungeheuer zu stehen was einem auf der gleichen Spur entgegen kommt. Mit uns in Richtung Dawson fährt immer noch kein anderes Auto.

10 Meilen vor der Grenze wandelt sich der schlechte Waldweg dann plötzlich in eine nagelneue Teerdecke und die Straße sieht aus wie gerade frisch gefegt.

Der Taylor schlängelt sich langsam aber sicher immer höher und gibt wunderbare Blicke auf die umliegenden Berge und Täler frei. Kurz vor der kanadischen Grenze gibt es einen wunderbaren Aussichtspunkt und man sieht noch am Horizont die hohen, schneebedeckten Berge der Alaska-Range.

Dann folgt mitten im Nichts die amerikanisch/kanadische Grenze. 2004 sind wir noch aus Versehen an der Grenzstation vorbei gefahren weil man hier einen kurzen Abzweig vom Highway nehmen musste. Heute gibt es ein Gebäude und einen echten Schlagbaum direkt auf der Straße. Es wartet ein Beamter bereits auf uns. Schließlich konnte er uns schon meilenweit vorher den Berg hoch fahren sehen. Reisepässe werden ordentlich kontrolliert und der Beamte unterzieht uns einer detaillierten Befragung was wir alles dabei haben. Mist- haben wir heute Morgen in der Hektik unseres Aufbruches in Tok völlig vergessen. Mit Obst und Gemüse stellen sie sich ziemlich an, soweit ich mich erinnern kann. Doch jetzt ist es eh zu spät und flunkern halte ich für eine schlechte Alternative. Ja, gestehe ich kleinlaut, wir haben Obst und Gemüse dabei. Doch das stört ihn gar nicht weiter. Ob wir Feuerholz dabei haben ? Ja, noch ein paar Scheite antworte ich wahrheitsgemäß. Das dürften wir allerdings nicht nach Kanada einführen teilt er uns mit. Also wird es ausgepackt und an den Wegrand gelegt, ob er es wohl heute Abend mit nach Hause nimmt und selbst verfeuert ? War eh nicht das beste und feucht und frisch und hat sehr gequalmt.

Good bye Alaska- hello Yukon !



Jetzt sind wir im Yukon und auf dem Top-of-the-world-Highway der wieder nur eine Schotterstraße ist. Aber mittlerweile fahren wir gerne auf Schotter, der hat lange nicht so viele und gemein-tiefe Schlaglöcher, staubt dafür aber mehr.

Die Straße heißt nicht umsonst „top-of-the-world“ , verläuft sie doch tatsächlich über fast 100 km auf den Bergkämmen des Yukon und bietet einmalig wilde Aussichten über Gebirgsketten, Täler und Höhen direkt in die unverfälschte und einsame Wildnis und man kann ihrem Verlauf oft bereits meilenweit mit den Augen folgen bevor er sich um den nächsten Gipfel windet.

Irgendwann dann senkt sich der Top-of-the-World-Highway in die Tiefen des Yukon-River-Tales und am Straßenrand tauchen die ersten Hinweise auf menschliche Ansiedlungen auf. Sogar ein Hinweis auf einen Golf-Club ist dabei.

An der kostenlosen Fähre über den Yukon ist recht viel los, die Fähre ist sehr klein und kann max. 2 Wohnmobile und 3-4 PKWs befördern . Wir warten geduldig am Flussufer bis wir dran sind.

In dem Moment indem ich unser großes Gefährt auf die Zufahrtsstraße zur Fähre lenke überkommt mich ein mulmiges Gefühl und ich murmel vor mich hin : ganz souverän jetzt, Du hast noch nie etwas anderes getan als Camper auf eine enge, kleine Fähre zu rangieren. Doch es geht alles gut und ich parke vorschriftsmäßig ein ohne weder den freundlichen Einweiser umzufahren noch an einem anderen Fahrzeug hängen zu bleiben. Geschafft !


Die Überfahrt dauert nicht lange und auch das Herunterfahren von der Fähre klappt einwandfrei ohne aufzusetzen oder mit dem Außenspiegel irgendwo hängen zu bleiben.

Auf der gegenüberliegenden Seite steht eine riesige Schlange von Wohnmobilen vor der Fähre und die letzten werden wohl noch etwas länger stehen bevor sie für die Überfahrt an der Reihe sind. Ob sie dann noch genug Zeit haben bis zur Grenze zu fahren heute Abend ? Sie schließt um o8.oo h aends und macht erst morgens dann wieder auf.

Wir sind direkt in der Innenstadt von Dawson und fahren direkt zum einzigen Campground der direkt hier in downtown Dawson liegt.

Große Enttäuschung- er ist leider bereits komplett ausgebucht für heute Nacht. Damit hätte ich nun überhaupt nicht gerechnet. Der nette ältere Herr an der Rezeption reserviert uns aber einen Platz für morgen Nacht und beschreibt uns den Weg zu einem weiteren RV Park vor den Toren Dawsons Richtung Whitehorse. Der RV Park ist auch schon fast voll und sehr eng, aber für diese eine kurze Nacht wird es wohl gehen.


Es gibt Pellkartoffeln mit Quark und das erste „Canadian“ Beer.

Heute gelernt:

Der Borkenkäfer macht an der kanadischen Grenze halt.


04.07. Dawson City

Vom Goldrausch und einer denkwürdigen Abendveranstaltung



Unser Dawson-Besichtigungsprogramm beginnt mit einem kleinen Ausflug zur Dredge No.4 die 12 Kilometer außerhalb von Dawson am Bonanza Creek liegt. Dieses Relikt längst vergangener Goldgräberzeiten ist der größte Gold-Schaufelbagger in ganz Nordamerika und heute National Historic Site, also nationales Kulturdenkmal. In seinem Aussehen erinnert er auf den ersten Blick allerdings eher an ein mehrstöckiges Holzhaus und erst wenn man dem Ranger in seinen Erklärungen lauscht und die Informationstafeln etwas genauer betrachtet erkennt man wie genial diese Erfindung eigentlich war.

Dieser riesige Bagger frisst sich ganz langsam durch das Flußbett, transportiert mit riesigen Schaufeln das Gestein ins Innere des Ungetüms wo es unter ohrenbetäubendem Lärm zerkleinert wird. In riesigen waschtrommel-ähnlichen Maschinen wird das Gestein gewaschen und das schwere Gold sinkt auf den Boden bevor das überschüssige Gestein auf Fließbändern wieder am hinteren Ende ins Flußbett gekippt wird. Lief die Dredge No.4 , was sie grundsätzlich zwischen 1913 und 1959 von März bis in den November tagsüber immer tat, hörte man das bis ins entfernte Dawson City.

1959 wurde sie dann zum zweiten Mal durch eine schwere Schlammlawine und Hochwasser schwer beschädigt und ans Ufer geschoben dass sich ein Wiederaufbau, auch wegen des damals drastisch sinkenden Goldpreises , nicht mehr lohnte.

Wir machen eine geführte Tour mit einem Ranger durch die Dredge No.4 , schauen uns die riesigen Schaufeln an und den Kommandostand auf der vorderen Brücke, wo sich die Arbeiter und Ingenieure nur mit Handzeichen wegen des unerträglichen Lärms miteinander verständigen konnten. Werfen einen Blick in die riesigen Waschtrommeln ( ja es hat genauso funktioniert wie eine Waschmaschine ) und lauschen den Erzählungen über den aufwendigen und abenteuerlichen Transport der riesigen Zahnräder die aus Kalifornien hierher geschafft wurden.

Auch heute sieht man am Bonanza Creek noch ein paar aktive Goldgräber-Camps entlang des kleinen Flußbettchens und es scheint sich auch heute noch zu lohnen hier seinen Sommer als Goldsucher zu verbringen. Seit der Goldpreis vor ein paar Jahren wieder deutlich angezogen ist finden sich hier vermehrt wieder ein paar Unerschrockene die das große Glück suchen.

Abends findet man sie zuweilen in den örtlichen Bars und Saloons.

Weiter geht unsere Tour zum Midnight Dome. Der Midnight Dome ist der perfekte Aussichtspunkt oberhalb des Zusammenflusses von Yukon und Klondike River und wird schon seit unendlich langer Zeit von Indianern und Fallenstellern genutzt. Er bietet wirklich spektakuläre Ausblicke auf die beiden Flüsse und das weite Hinterland des Yukon, zu Füßen liegt auf einer schmalen Landzunge das kleine Dawson City an die Felswand geschmiegt.


Bei diesem herrlichen warmen Wetter und guter Sicht ein ganz besonderes Highlight unseres Dawson-Aufenthalts und für mich absolut in der Kategorie „Lieblingsplatz“ .

Nach einem kleinen Picknick „with a few“ geht es zurück nach Dawson und wir parken unsere Rosalee auf dem Downtown Campground.

Jetzt wird Dawson zu Fuß erkundet. Bei 30 Grad kramen wir unsere Sandalen hervor ( wie gut dass wir sie für den absoluten klimatischen „Notfall“ irgendwo noch im Koffer verstaut haben, ) und in kurzen Hosen und leichten T-Shirts bekleidet machen wir uns auf zu Dawson´s Highlights.

Dawson steht komplett unter Denkmalschutz und ist angeblich die einzige Stadt hier im hohen Norden die durchgehend über Holzbürgersteige verfügt. Sonst würde man hier im Frühjahr und Herbst wahrscheinlich auch im Matsch versinken.

Dawson wurde 1896 als kleine Siedlung zu Beginn des Goldrausches gegründet und hatte bereits 2 Jahre später um die 40.000 Einwohner. Der Weg dorthin war lang und beschwerlich, per Schiff entlang des Pazifik, zu Fuß über den legendären Chilcot Trail auf dem Tausende im Winter ihr Leben ließen, und riskant per Boot über den Yukon River und seine zahlreichen Stromschnellen.

Doch die Blüte Dawsons dauerte nicht lange und bereits zu Beginn des 20.Jahrhunderts war die Einwohnerzahl bereits wieder unter 5000 gefallen.

Überall in Dawson gibt es diese faszinierenden alten, sepiabraunen Fotoaufnahmen aus der Goldgräberzeit und sie haben eine unglaubliche Anziehungskraft und Magie . Es war ein hartes und nur für sehr wenige Auserwählte auch ein erfolgreiches Leben hier. Man munkelt dass die Bestverdienenden in dieser Goldrauschzeit weniger die erfolgreichen Goldgräber waren sondern viel mehr die Ausrüster die an Zehntausende ihre überteuerten Schaufeln, Hämmer und Goldwaschschüsseln verscherbelten und natürlich die Damen des leichten Gewerbes die mit allen Tricks den Goldsuchern ihr Gold aus der Tasche zogen. Muss eine sehr aufregende Zeit hier gewesen sein.

Heute ist Dawson ein süßes kleines Städtchen mit bunten Holzhäusern, die meisten davon liebevoll renoviert. Andere krumm, abgesackt und schief und seit über hundert Jahren verfallen. Hier braucht man wirklich nicht viel Phantasie um sich in die alten Goldrauschzeiten hinein zu versetzen.

Natürlich müssen wir zum Haus von Jack London und Robert Service Stevensen, bei uns nicht ganz so berühmt aber in Nordamerika ein echter Star.




Angeblich war Jack London nie auf den Goldfeldern und hat lediglich den wilden Geschichten in den Saloons und Bordellen gelauscht und sich hier inspirieren lassen, ein echter Softie also. Seinen Büchern merkt man das nicht an.

Schlage meiner Freundin einen Besuch im Downtown Hotel und das Probieren des legendären „Sourtoe-Cocktail“ vor, eine echte Delikatesse in Dawson. Sie lehnt entrüstet ab. Erstens trinkt sie keinen Schnaps und zweitens schon gar keinen Whiskey mit einer mumifizierten menschlichen Zehe darin. Die, ganz wichtig, beim Trinken die Lippen berühren muss.

Irgendwo habe ich mal gelesen dass der ein oder andere Bewohner Dawsons und Stammgast des Downtown-Hotel per Testament seine Zehen nach seinem Tod…

Also auch bei diesem Besuch keinen Sourtoe-Cocktail, wie schade…

Nach einem sehr leckeren kleinen Dinner in einem der vielen kleinen Restaurants in Jimmy´s Place, verbringen wir ein paar faule Stunden im kleinen Park am Yukon-River und dösen etwas verschlafen im Schatten der Bäume herum denn es ist fast unerträglich warm heute, um die 30 Grad, schätze ich. In der Sonne ist es schon zu heiß.



Heute Abend gehen wir in Dawson aus ! Um kurz nach 8 machen wir uns zu Fuß auf zu Diamond Tooth Gerties Gambling Hall. Hier findet jeden Abend im Sommer eine Cancan-Show statt. Zwar ziemlich touristisch aber hier in der Wildnis mal eine kleine Abwechslung warne ich meine Freundin vor.

Wir kaufen unsere Eintrittskarten für $ 12,- und die Ticketverkäuferin weist uns freundlich darauf hin dass wir hier nun bis Ende der Saison im September kostenlosen Eintritt hätten, ein Saison-Ticket, sozusagen. Wir sind ungemein beglückt… Nein, erst mal keine Chips fürs Casino.

Um 20.30 h beginnt dann die Show, eine Cancan-Show. Der große Saal ist brechend voll. Voll mit alternden Kreuzfahrttouristen aus USA und Kanada, die praktischerweise gleich im Hotel der Reederei direkt um die Ecke wohnen. Wir sind wohl mit die Jüngsten im Publikum , würde ich sagen.

Es folgt eine nette Show über die Zeit während des Goldrausches hier in Dawson, mit vielen Gesangs- und Showeinlagen der Cancan-Girls. Alten Herren werden Cancan-Röcke angezogen und sie müssen mit den Girls auf die Bühne. Das Publikum johlt.

Nach einer dreiviertel Stunde ist die Show vorbei und der Saal leert sich rasch. Nur die wenigsten der älteren Herrschaften bleiben noch hier.

Eine ältere Dame hat wohl schon sehr frühzeitig angefangen mit dem Alkohol und irrt etwas planlos und schwankend vor dem Eingang von Diamond Tooth Gertie auf der sonnigen Kreuzung herum. Kurzerhand kümmert sich das Personal um die orientierungslose Dame. Anhand ihrer um den Hals hängenden Reisegruppenidentifizierungkarte kann sie umgehend mit Namen angesprochen und ihrem passenden Hotel zugeordnet werden. Sie wird von zwei Angestellten in ihr nahe gelegenes Hotel begleitet. Was für ein Service !

Es ist noch unerträglich warm vor der Tür und wir entscheiden uns noch ein wenig zu bleiben und uns vielleicht die zweite Show noch anzusehen.

Schließlich werben sie hier ganz ausdrücklich damit dass es drei unterschiedliche Shows sind die hier während des Abends gezeigt werden. Wir ordern noch ein Bier und einen Cocktail.

Um 22.oo h folgt dann die zweite Show.

Der Saal ist nicht mehr ganz so voll und irgendwie hat sich das Durchschnittshalter auch etwas gesenkt. Eine sehr nette, sehr kurzweilige Show über einen armen Goldsucher der den großen Fund macht und dann von den Damen des leichten Gewerbes sehr umgarnt wird. Letztendlich heiratet er die Bordell-Besitzerin und tritt fortan als geachteter und reicher Geschäftsmann auf.

Irgendwie verquatschen wir uns nach dieser zweiten Show und bei der nächsten kleinen Rauchpause vor der Tür scheint uns die Sonne immer noch warm direkt ins Gesicht.

Von überall strömen auf einmal die Menschen über die Forth Avenue zu Diamond Tooth Gerties und wir fragen uns verwundert woher sie nachts um kurz vor ½ 12 alle wohl kommen. Wo haben sie denn alle den ganzen Abend gesteckt. Es sind vornehmlich junge Leute, vielleicht Angestellte der Hotels und Läden die hier während der Sommersaison arbeiten.

Um kurz vor ½ 12 ist der Saal wieder rappelvoll und diesmal zählen wir tatsächlich zu den älteren Semestern. Was ist denn hier auf einmal passiert ?

In den letzten 3 Stunden ist der Altersdurchschnitt um 40 Jahre gefallen !

Als die Star-Entertainerin und Confronciere den Saal betritt, sie hat jetzt ein seeehr tief ausgeschnittenes Kleid an wird in den vorderen Reihen bereits gejohlt und geklatscht. Jetzt läuft Musik vom Boss und den Stones und die vorher noch züchtigen , etwas altbackenen Cancan-Damen erscheinen in wirklich heißen Outfits und heizen mit ihren Handschellen-Übungen, den Fesseltänzen und ihrer Seil-Akrobatik manche Fantasie an. Der Saal tobt.

Und die Damen auf der Bühne haben sichtlich mindestens so viel Spaß an der Erotik wie die Herrschaften im Publikum.

Es folgt eine lupenreine, sehr schöne und ästhetische Erotikshow. Wow, Dawson, das hätten wir der alten Dame gar nicht zugetraut ! Very hot !

Die amüsante Mutation eines Abends, so nenne ich es im Nachhinein. Highly recommanded !

Heute gelernt: Man kann auch mal bis zum Schluß bleiben

05.07. Dawson – Tombstones

Von einem Adler auf der Parkbank , Biebern und ein wenig Nachlässigkeit

Der Dempster ist das kanadische Pendant zum Dalton Highway in Alaska. Die einzige Straßenverbindung in den hohen Norden, über den Polarkreis hinaus bis hoch zum Eismeer. Und es ranken sich ähnlich viele Gerüchte und wilde Geschichten um das Befahren desselben. Wir wollen aber aus Zeitgründen nur bis zu den Tombstones, ca. 100 km weiter nördlich.



Kurz hinter Dawson kommt die Abzweigung zum Dempster, wir machen einen kleinen Fotostop am legendären Schild , lesen einen ausgehängten Warnhinweis vom Vortag an alle Fahrradfahrer vor einem aggressiven Grizzly zwischen KM 230-270 und die beinahe schon üblichen Hinweisschilder dass es auf den nächsten 800 km keinerlei ärztliche Notfallversorgung oder Abschleppunternehmen oder was auch immer für Hilfe in Notsituationen gibt. Jetzt haben wir ja schon ein paar Kilometer auf diesen Straßen abgerissen aber es ist trotzdem immer noch ein etwas komisches Gefühl all diese Warnhinweise wieder zu lesen. Das schöne Wetter hält auf jeden Fall.

Der Dempster ist eine reine Schotterstraße und wir sind an diesem Morgen gefühlt ganz alleine unterwegs Richtung Norden.

Völlig souverän cruisen wir ganz entspannt und ziehen eine riesige Staubwolke hinter uns her. Das ist Abenteuer-Staub, Dempster-Staub, also etwas ganz besonderes !

Wir fahren ins Gebirge, in die Tombstones, eine umwerfend schöne, sehr einsame und wilde Gegend.

Wir nehmen zwei junge Anhalterinnen mit die in unsere Richtung wollen. Sie freuen sich sichtlich als wir anhalten und unsere Rückbank für sie frei räumen. Ob wir heute wohl das erste Auto sind das hier vorbei kommt ?

Sie waren ein paar Tage wandern oben im Gebirge „around the Bear-Point“ erzählen sie uns. Ob sie keine Angst vor den Bären hätten , frage ich sie. Nein. Na gut…?? Ganz schön taff die zwei… aber mal duschen müssten sie…

Wir nehmen sie bis zum Visitorcenter des Tombstone Park mit und fahren dann zum Campground weiter. Es ist überhaupt kein Problem dort einen Platz zu bekommen.

Am Eingang steht ein großes Schild wie das mit der Selfregistration funktioniert. Wir nehmen also einen Anmeldebogen, füllen diesen aus und reißen den unteren Zettel ab um damit unseren Stellplatz zu markieren. Hierfür gibt es auf jedem Stellplatz am Eingang einen Pflock mit einer Klemme. Der Rest des Zettels kommt zusammen mit den $12,- Platzmiete in einen Umschlag und den dafür vorgesehenen Briefkasten. Sicherlich kommt im Laufe des Tages ein Ranger vorbei und kontrolliert.

Wir finden einen Traumplatz, allererste Sahne! Mit Blick auf die Berge, direkt am North-Klondike River. Ich ernenne ihn direkt und umgehend zu meinem absoluten Lieblingsplatz der ganzen Tour.

Wir wollen aber noch ein Stück weiter fahren um einen besonders schönen Aussichtspunkt zu erleben.

Die Tombstones sind wirklich beeindruckend, tolle Aussichtspunkte auf einsame, weite Täler, die Gebirgsketten verlieren sich im Dunst und der Dempster schlängelt sich kilometerweit bis zum Horizont. Zu unseren Füßen die allerletzten traurigen Eis-Reste eines ehemaligen Gletschers. Bei diesen Temperaturen in diesem Sommer ist das auch kein Wunder .



Irgendwann kehren wir dann wieder um und fahren zurück zum Campground und unserem Lieblingsplatz.

Wir sind in den Tombstones am Dempster unterwegs und besuchen als erstes das Visitorcenter, ca. 2 km zu Fuß vom Campground entfernt. Und vermuten hinter jedem Busch einen Bären. Hier oben in dieser Einsamkeit und Wildnis wäre das in der Tat nicht unwahrscheinlich.

Hier gibt uns eine nette Dame hilfsbereit Auskunft über ein paar Trails und sie empfiehlt uns den Beaver-Pond Trail. Bieber würde ich wirklich mal gerne in freier Wildbahn sehen.

Wir starten also unseren kleinen Hike und hoffen dass die Bieber auch wirklich aktiv sind, wie sie uns versprochen hat. Nach einer knappen halben Stunde folgt das erste Hinweisschild auf eine Observation-Area und ich sehe um die Ecke schon eine Bank und ein großes Fernglas stehen.

Aber die Bank ist schon besetzt. Da sitzt schon jemand und ich sehe einen braunen Haarschopf durch die Sträucher blitzen. Wir schwenken ein und bleiben wie angewurzelt stehen. Da sitzt gar kein Mensch !

Da sitzt ein ausgewachsener Adler mit dunkelbraunem Gefieder auf der Lehne der Sitzbank und lässt sich überhaupt nicht von uns stören. Sein Kopf ist leicht zu uns geneigt und seine Augen verfolgen uns aufmerksam. Sonst keinerlei Reaktion. Das ist seine Bank. Punkt.



Wir verhalten uns mucksmäuschenstill und ziehen in Zeitlupe unsere Kameras aus den Taschen. Jetzt bloss keine schnelle Bewegung machen und ihn verjagen. Er sitzt nur zwei Meter von uns entfernt.

Doch unser ganzes Hantier lässt ihn völlig kalt. Wir sind hingerissen von seiner Größe und seinem wirklich majestätischen Aussehen. Wir sind keine Gefahr.

Minutenlang stehen wir dort und beobachten ihn. Er uns auch. Nach ein paar Minuten werde ich etwas mutiger und nähere mich ihm von der anderen Seite. Ich möchte ihn so gerne mal von vorne fotografieren in seiner gesamten Pracht und pirsche mich etwas durchs Unterholz noch etwas näher an ihn heran. Er beobachtet mich seelenruhig und gibt als Modell sein Bestes. Keine Aufregung, kein unruhiges Gezappel, seine riesigen Schwingen zucken kein einziges Mal als ich mich ihm nähere. Er hat riesige gelbe Krallen und einen messerscharfen großen Schnabel. Mit dem kann er Hasen und Rebhühner töten und ich möchte ihn nicht spüren, fährt es mir so durch den Kopf. Ab und zu wendet er ruhig seinen Kopf um uns beide im Auge zu behalten, mehr nicht.